Deutscher Gewerkschaftsbund

22.10.2015
klartext 44/2015

TiSA: Gefahr für öffentliche Dienstleistungen

Das internationale Dienstleistungsabkommen TiSA  wurde lange Zeit fast unbemerkt von der Öffentlichkeit verhandelt. Noch immer wäre wenig über den Inhalt bekannt, hätte nicht Wikileaks 2015 geheime Verhandlungsdokumente veröffentlicht. Seitdem sei klar: TiSA ist eine Gefahr für die öffentliche Daseinsvorsorge, schreibt der DGB-klartext.

Dieser Tage geht die 11. Verhandlungsrunde zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) zu Ende. Die Öffentlichkeit verfolgt die Vorgänge mit Argusaugen und auch die weiteren Entwicklungen im fertig verhandelten Abkommen der EU mit Kanada (CETA) werden kritisch begleitet.

Doch parallel zu TTIP und CETA verhandelt die EU diverse weitere Abkommen – so auch das plurilaterale Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen (TiSA). Das Abkommen nennt sich "plurilateral", weil es von einer Gruppe williger Staaten verhandelt wird, die sich selbst „die wirklich guten Freunde der Dienstleistungen“ nennt. Den „wirklich guten Freunden“ gehen die Liberalisierung und Deregulierung, die für den Dienstleistungsbereich im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) ausgehandelt werden, nicht weit und nicht schnell genug. Daher werden seit 2012 parallel in bisher 14 Runden Verhandlungen zu TiSA geführt.

 

Deutsche lehnen weitere Privatisierungen

Grafik: DGB; Daten: Forsa/dbb 2014

Über die Inhalte der Verhandlungen ist äußerst wenig bekannt, weil Verhandlungsdokumente nicht verfügbar sind. Auch deshalb führen die TiSA-Verhandlungen in der öffentlichen Debatte bisher ein Schattendasein.

Doch im Sommer 2015 von der Plattform Wikileaks an die Öffentlichkeit gebrachte Verhandlungsdokumente zeigen, dass TiSA gerade im Kontext der TTIP- und CETA-Kritik nicht unter den Tisch fallen darf. Denn sowohl die USA als auch Kanada sitzen mit am Verhandlungstisch. Eine kritische Begleitung der Verhandlungen ist wichtig, um zu verhindern, dass mögliche, hart erkämpfte Errungenschaften in CETA und TTIP durch TiSA am Ende unwirksam werden. Die Gefahren bei TiSA für Öffentliche Daseinsvorsorge und andere Regeln sind denen bei TTIP ganz ähnlich. Entsprechend müssen auch die Anforderungen an die TiSA-Verhandlungen die gleichen sein: Auch von TiSA darf kein Privatisierungsdruck auf öffentliche Dienstleistungen ausgehen. Das ist klar im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, die weitere Privatisierungen ablehnen (siehe Grafik).

Außerdem muss z. B. eine umfangreiche Ausnahme öffentlicher Dienstleistungen gefordert sowie das Recht des Staates, Dienstleistungen zu regulieren (um beispielsweise eine hohe Qualität oder universellen Zugang zu gewährleisten) erhalten werden.

Die Leaks zeigen, dass es auch bei TiSA aus Sicht der Gewerkschaften notwendig ist, den Verhandlungsauftrag neu zu bestimmen, um einen grundsätzlich anderen Weg in der europäischen Handelspolitik einzuschlagen. Die TiSA-Verhandlungen sollten daher ausgesetzt und das Vorhaben in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern und der Zivilbevölkerung auf eine neue Basis gestellt werden. Denn eine faire Globalisierung braucht eine gerechte Handelspolitik!


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TTIP, CETA, TiSA & Co.

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