Die Bundesagentur für Arbeit hat Ende August ihre Statistik-Methode geändert. Künftig werden auch Menschen im Bundesfreiwilligendienst oder im freiwilligen sozialen Jahr als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte mitgerechnet. Das sorgt rein rechnerisch für höhere Beschäftigtenzahlen und eine niedrigere Arbeitslosenquote. An der tatsächlichen Arbeitsmarktsituation ändert sich nichts. Der DGB kritisiert die neue Praxis.
Ende August 2014 wurde die Statistik der sozialversichert Beschäftigten „modernisiert“ und nach oben korrigiert. Darauf haben sich die Bundesagentur für Arbeit sowie die statistischen Ämter von Bund und Ländern unter Beteiligung des Bundesarbeitsministeriums geeinigt.
Auch Menschen in einem freiwilligen sozialen Jahr oder im Bundesfreiwilligendienst werden künftig als sozialversichert Beschäftigte gezählt Colourbox
Künftig werden auch folgende Personengruppen mitgezählt werden, die die Statistik auf einen Schlag um 414.000 Beschäftigte anheben:
Daneben gab es weitere Änderungen des Erhebungskonzepts. Ohne die zusätzlichen Personengruppen wäre nach dem neuen Konzept die sozialversicherte Beschäftigung absolut sogar um 67.000 Personen gesunken. Nun aber wird das Beschäftigungsniveau rein rechnerisch um 347.000 Personen höher ausfallen.
Umgangssprachlich wird der Begriff der sozialversichert Beschäftigten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verwendet, die gegen Lohn oder Gehalt am regulären Arbeitsmarkt tätig sind. Das trifft auf viele Menschen in den neu erfassten Personengruppen aber nicht zu. Teilweise werden künftig auch nicht erwerbsfähige Personen mitgerechnet.
So wie bei den jetzt erstmals einbezogenen Menschen mit Behinderung in Behinderten-Werkstätten. Sie können in der Regel (noch) nicht auf dem regulären Arbeitsmarkt tätig sein und erhalten neben einem sehr geringen Einkommen meist Sozialhilfe. Die hier tätigen Menschen mit Behinderung stehen in der Regel in keinem Arbeitsverhältnis. Der Verdienst in den Werkstätten ist gering und liegt im Schnitt unter 200 Euro pro Monat.
Auch bei den Freiwilligendiensten FSJ, FÖJ und BFD handelt es sich um keine klassische Beschäftigung für Lohn und Gehalt. Beim Bundesfreiwilligendienst wird beispielsweise nur eine Art "Taschengeld" gezahlt – und zwar maximal sechs Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung. Das sind aktuell 357 Euro im Westen und 300 Euro im Osten.
Der DGB warnt davor, dass die höhere Zahl sozialversichert Beschäftigter auch die Arbeitslosenquote senken wird – obwohl durch die statistische Änderung kein einziger neuer Arbeitsplatz entsteht. Denn die Beschäftigtenzahl ist eine zentrale Bezugsgröße zur Berechnung der Arbeitslosenquote, die die Bundesagentur für Arbeit monatlich ermittelt. Wenn also ab Ende August niedrigere Arbeitslosenquoten gemeldet werden, muss das nichts mit einer verbesserten Arbeitsmarktsituation zu tun haben.
Die Bundesagentur für Arbeit begründet die Änderungen unter anderem mit einer Annäherung an die statistischen Erhebungen der Internatioanlen Arbeitsorgansiation ILO und deren "Erwerbstätigenkonzept". Mit diesem statistischen Modell werden aber alle Erwerbstätigen erfasst, ganz gleich in welchem Umfang sie arbeiten. Auch Menschen, die nur eine Stunde pro Woche arbeiten oder für ihre Tätigkeit nur Sachleistungen erhalten, fallen unter die ILO-Definition. Außerdem umfasst der Begriff "Erwerbstätige" auch Selbstständige, Unternehmer oder mithelfende Familienangehörige. Dieses Modell lässt sich also nicht auf die Erfassung von sozialversicherter Beschäftigung übertragen.