Deutscher Gewerkschaftsbund

02.05.2008
Gedenktag

DGB erinnert an Zerschlagung freier Gewerkschaften am 2. Mai 1933

Mit einer Gedenkfeier im ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen hat der DGB an den 75. Jahrestag der Zerschlagung der freien Gewerkschaften durch die Nationalsozialisten am 2. Mai 1933 erinnert. Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer enthüllte einen Gedenkstein für die verfolgten und ermordeten Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter.

Bsirke stehend am Rednerpult. Im Hintergrund die Gedenksteine, ein Trauerkranz, zwei Männer mit geneigten Fahnen.

Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer weiht den Gedenkstein für die verfolgten und ermordeten Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in Sachsenhausen ein Franka Bruns/DGB

Bei der Feier sprachen Charlotte Knobloch, Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, der ehemalige Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) und Norbert Blüm (CDU). Weitere Redner waren Matthias Platzeck, Ministerpräsident von Brandenburg und der Leiter der Gedenkstätte Professor Günter  morsch. Knobloch, Platzeck und Müntefering sprachen sich in ihren Reden für ein NPD-Verbot aus.

Widerstand gegen neue und alte Nazis

Michael Sommer erinnerte an die Opfer, die von den Nationalsozialisten verfolgt worden waren: "Ihr gemeinsames Opfer mahnt uns, den Widerstand gegen alte und neue Nazis gemeinsam zu organisieren." Mit den freien Gewerkschaften sei eines der letzten Bollwerke gegen die absolute Machtergreifung zerstört worden. Doch "es ist eine traurige Tatsache, dass die Arbeiterbewegung so zersplittert gewesen ist, dass sie nicht in der Lage war, den Nazis organisierten Widerstand entgegen zu setzen", sagte der DGB-Vorsitzende. Aus dieser bitteren Erfahrung heraus habe sich der DGB 1949 als einheitlicher Dachverband der deutschen Gewerkschaften gegründet, denn „gewerkschaften brauchen die demokratische Freiheit wie die Luft zum Atmen.“ 

Kamera: Blick von vorn. Motiv: Menschen gehen schweigend und gesenkten Kopf.

Charlotte Knobloch und Michael Sommer auf den Weg zur Gedenkstätte Franka Bruns/DGB

Lange Jahre seien die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter unter den NS-Opfern nicht als eigene Verfolgtengruppe wahrgenommen worden, sagte Gedenkstättenleiter  und Historiker Günter Morsch. Mit der Einweihung des Gedenksteins beginne gerade erst die geschichtliche Aufarbeitung der Erinnerung an die KZ-Opfer aus den Reihen des gewerkschaftlichen Widerstandes.

"Düsteres Kapitel der Geschichte"

"Tage wie dieser legen Zeugnis ab von einem düsteren Kapitel der Geschichte", sagte die Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch. Blind sei, wer die Augen vor dem Gestern schließe. Frau Knobloch betonte, die jüdische Gemeinschaft sei froh, mit dem DGB einen verlässlichen Partner zu haben: Sich gegen den Rassismus einzusetzen, sei das zentrale Leitmotiv der Gewerkschaften.

Franz Müntefering forderte dazu auf, Demokratiefeindlichkeit zu bekämpfen. "Das Gute muss rechtzeitig getan werden, damit das Böse nicht trumphieren kann", sagte der  frühere Arbeitsminister. Er dankte Michael Sommer für das Engagement der deutschen Gewerkschaften in der Europäischen Union.

Keine Kompromisse bei Gefahr für die Menschenrechte

Norbert Blüm konzentrierte sich in seiner Rede auf die Zersplitterung der Gewerkschaften vor ihrer Zerschlagung. Er rief zur Einheit auf, denn "das ist die Botschaft, die die Opfer der Gewerkschaft im KZ hinterlassen haben." Kompromisse müssten dort enden, "wo Menschen gefoltert werden und Menschenrechte in Gefahr kommen", betonte der CDU-Politiker. Auch dies sei die Lehre der Ereignisse, die sich vor 75 Jahren ereignet hatten - als "das Recht aufgehört hat zu existieren", wie Ministerpräsident Platzeck diesen Wendepunkt charakterisierte.

Kamera: Blick von vorn. Motiv: Bsirske, Möllenberg und Thierse stehend mit einer roten Nelke in der Hand.

Die Vorsitzenden von ver.di, Frank Bsirske, und NGG, Franz-Josef Möllenberg verfolgen zusammen mit Wolfgang Thierse (SPD) die Einweihung. Franka Bruns/DGB

Bundespräsident Horst Köhler, der an der Feier selbst nicht teilnehmen konnte, betonte in seinem Grußwort die Bedeutung des 2. Mai 1933. Dieses Datum erinnere daran, "dass die Freiheit ein kostbares Gut ist, für das in unserem Land viele Menschen ihr Leben eingesetzt haben". Die Deutschen könnten stolz auf das Beispiel vieler Gewerkschafter sein, heißt es in dem Grußwort. Diese hätten unter Einsatz ihres Lebens gegen Unrecht und Kriegstreiberei gekämpft.

Der Gedenkstein trägt die Inschrift: "Die ermordeten und geschundenen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter verpflichten uns zum Eintreten für Demokratie, Freiheit und Menschenwürde. Deutscher Gewerkschaftsbund - nach bitterer Erfahrung der einheitliche Dachverband der deutschen Gewerkschaften."

Der Text geht auf den Gewerkschafter Hans Steldinger (1901-1961) zurück. Steldinger war Funktionär des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB), wurde 1933 mehrere Monate von den Nationalsozialisten gefangen gehalten und beteiligte sich nach 1945 am Wiederaufbau der Gewerkschaften.


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02.05.2008
Sonderausgabe zum 2. Mai 1933 - Nr. 2/2008
Der Grund­stein: Ge­werk­schaf­ten zer­schla­gen und ver­bo­ten
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30.04.2018
2. Mai 1933
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Am 2. Mai 1933 stürmten die Nationalsozialisten in ganz Deutschland die Gewerkschaftshäuser. Etliche Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter wurden in der Folgezeit in Konzentrationslager gebracht - unter anderem nach Sachsenhausen. Wir dokumentieren fünf Einzelschicksale.
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Grußwort von Bundespräsident Horst Köhler anlässlich der Gedenkveranstaltung am 2. Mai 2008

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Rede Prof. Günter Morsch am 2. Mai 2008 in der Gedenkstätte Sachsenhausen.

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Michael Sommer: 75. Jahrestag der Zerschlagung freier Gewerkschaftsarbeit

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