Deutscher Gewerkschaftsbund

Arbeitszeitkämpfe und Strukturkrise

Die Reformen der christlich-liberalen Kohl-Regierung fordern die Gewerkschaften zunehmend heraus. Dass sie die Menschen mobilisieren wollen und können, beweisen sie auf vielen Kundgebungen. Durch Streiks wird der teilweise Einstieg in die Arbeitszeitverkürzung erreicht.

DGB Kongress 1986 Hamburg

Der 13. Ordentliche DGB-Bundeskongress in Hamburg 1986 Archiv der sozialen Demokratie in der Friedrich-Ebert-Stiftung

Die Politik der Bundesregierung verlor in diesen Jahren unter den Wählerinnen und Wählern an Zustimmung. Trotz teilweise starker Verluste bei Landtags- und Bundestagswahlen behaupteten Union und FDP 1987 ihre Mehrheit im Bundestag. Die Gewerkschaften, die zunehmend aus Entscheidungsprozessen herausgedrängt und politisch an den Rand gestellt wurden, konzentrierten sich verstärkt auf die Tarifpolitik. Die Arbeitszeit für sozialversichert Beschäftigte konnte erfolgreich verkürzt werden.

35 Stunden auf der Tabuliste der Arbeitgeber

Der DGB unterstützte die Offensiven der Mitgliedsgewerkschaften zur Arbeitszeitverkürzung. Gleichzeitig ein Aufruf, Versuche der Arbeitgeber flächendeckend auszusperren, mit Streiks zu beantworten.

Die wirtschaftliche Lage veranlasste die Gewerkschaften, tarifpolitisch für kürzere Arbeitszeiten zu kämpfen. Ziele waren dabei der Gewinn an Zeitsouveränität für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber vor allem die gerechte Verteilung der Arbeit. Die gewerkschaftlichen Erfolge sorgten für eine konstante Mitgliederentwicklung und eine starke Mobilisierungsfähigkeit.

Der DGB unterstützte neue Offensiven der Mitgliedsgewerkschaften zur Arbeitszeitverkürzung und rief zu Streik- und Warnstreikaktionen aller Gewerkschaften gegen die Versuche der Arbeitgeber auf, flächendeckend auszusperren. Das hätte bedeutet, dass die Arbeitgeber die Produktion auch in den Betrieben einstellen, die nicht oder nur in Teilen bestreikt werden. Eine solche Aussperrung bedeutet immer, dass sich die Kosten für die Gewerkschaften stark erhöhen, denn die ausgesperrten Gewerkschaftsmitglieder haben Anspruch auf Streikgeld. Außerdem sind auch die nichtorganisierten Beschäftigten davon betroffen. Sie erhalten während der Betriebsschließung keinen Lohn. Schon die Androhung einer solchen Maßnahme kann also für viel Unruhe im Betrieb sorgen.

Bereits 1977 hatte die IG Metall auf ihrem Düsseldorfer Kongress die 35-Stunden-Woche gefordert, war aber auf erbitterten Widerstand der Arbeitgeber gestoßen. Die Arbeitgeber nahmen diese Forderung sogar in ihren Tabukatalog auf. Schon 1978 erreichte die IG Metall für die Stahlindustrie den Einstieg in die 38,5-Stunden–Woche. 1984 streikte die Gewerkschaft unter ihrem Vorsitzenden Hans Mayr für die Einführung der 35-Stunden-Woche. Es sollte jedoch noch elf Jahre dauern, bis die 35-Stunden-Woche 1995 in der Metallindustrie eingeführt wurde. Bundeskanzler Kohl bezeichnete die neue Arbeitszeitregelung als „dumm und töricht“.

Ausstieg aus der Gemeinwirtschaft

Die Rezession und Strukturkrise der achtziger Jahre mit ihren Folgen, wie Massenarbeitslosigkeit und der technologische Wandel schwächten den Einfluss der Gewerkschaften enorm. Hinzu kam der Niedergang der Gemeinwirtschaft, die ab 1982 im so genannten Neue-Heimat-Skandal gipfelte. Noch in den späten siebziger Jahren hatten die vier großen gemeinwirtschaftlichen Unternehmen Co–op, Volksfürsorge, Bank für Gemeinwirtschaft (BfG) und Neue-Heimat zu den 100 größten Unternehmen in Deutschland gehört. Doch Mitte der 70er erlahmte die Baukonjunktur, in den 80ern zeigten sich massiv die Folgen von Fehlinvestitionen.

Jetzt wurde die wirtschaftliche Talfahrt dieser Unternehmen zur Bedrohung für die gewerkschaftlichen Vermögen. Der DGB versuchte 1986, die hoch verschuldete Neue Heimat zu verkaufen. Nach mehrwöchigen Verhandlungen ging das Unternehmen für den symbolischen Preis von einer Deutschen Mark an einen Berliner Geschäftsmann. Die gewerkschaftliche Beteiligungsgesellschaft BGAG hatte im Jahr zuvor die Co-op-Gruppe veräußert. Doch beide Strategien scheiterten. Die Veräußerung der Co-op landete vor Gericht, der NH–Verkauf wurde rückgängig gemacht. So wurde das Jahr 1986 zum Wendepunkt in der gewerkschaftlichen Gemeinwirtschaft: Die Delegierten beschließen auf dem 13. Ordentlichen Bundeskongress im Mai den Rückzug der Gewerkschaften aus der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft.


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