Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung darauf geeinigt, eine Kommission einzusetzen, die sich mit der Gestaltung des Strukturwandels in der Energiewirtschaft und dem Erreichen der Klimaziele befassen soll. Die Aufgaben der Kommission, ihre Mitglieder und ein grober Zeitplan wurden im Einsetzungsbeschluss der Bundesregierung festgelegt. Ende Juni hat die Arbeit der Kommission begonnen.
Die Mitglieder der 31-köpfigen Kommission vertreten u. a. Gewerkschaften, Unternehmensverbände, Umweltverbände, Wissenschaft und Regionen. Für die Gewerkschaften wurden drei Vertreter berufen: Stefan Körzell vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), Michael Vassiliadis von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) sowie Andreas Scheidt von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di).
Die Kommission befasst sich mit einer ganzen Reihe von Themen: Konkret soll es um zukunftssichere Arbeitsplätze und Perspektiven für die Regionen gehen, in denen sich der Strukturwandel durch Klimaschutzmaßnahmen beschleunigen wird. Dabei sollen Investitionen und die effektive Nutzung von Förderinstrumente in betroffenen Regionen und Wirtschaftsbereichen besprochen werden. Ergänzend hierzu soll ein Fonds des Bundes für Strukturwandel aufgelegt werden. Weiter ist geplant, Maßnahmen zu entwickeln, mit denen das Klima-Ziel für den Energiesektor im Jahr 2030 erreicht werden können. Damit zusammenhängend soll ein Plan zur Beendigung der Kohleverstromung erarbeitet werden. Beinhalten soll dieser Plan auch „die notwendigen rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen, renaturierungs- und strukturpolitischen Begleitmaßnahmen“. Darüber hinaus sollen Maßnahmen besprochen werden, mit denen die Energiewirtschaft zum 40-Prozent-Klimaziel für 2020 beitragen kann.
Auf der Basis dieser Arbeit soll die Kommission zunächst Empfehlungen zur sozialen und strukturpolitischen Entwicklung erarbeiten und einen Abschlussbericht an die Bundesregierung vorlegen.
Bis Ende Oktober 2018:
Bis zur 24. UN-Klimakonferenz (COP 24) im Dezember 2018:
Bis Ende 2018:
Kommissionsmitglieder der Gewerkschaften
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell DGB/Simone M. Neumann
Stefan Körzell, Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstands: „Die Strukturwandelkommission steht vor komplexen Herausforderungen. Sie muss belastbare Vorschläge vorlegen, die ambitionierten Klimaschutz mit guter Arbeit und wirtschaftlichem Wohlstand zusammenbringen. Nur dann wird ihre Arbeit erfolgreich sein. Die Gewerkschaften wollen eine gerechte Strukturentwicklung für die Beschäftigten in den Regionen. Schlichte Ausstiegsdebatten bringen uns nicht weiter. Gleichzeitig dürfen die Strompreise nicht aus dem Ruder laufen und die Versorgungssicherheit darf nicht gefährdet werden.“
ver.di-Bundesvorstandsmitglied Andreas Scheidt ver.di/Kay Herschelmann
Andreas Scheidt, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand: „Ich begrüße, dass mit der Arbeit der Kommission die sozialverträgliche Ausgestaltung des Strukturwandels in den Regionen und die umfassende Absicherung der betroffenen Beschäftigten in den Stein- und Braunkohlekraftwerken gewährleistet werden sollen. Diesen muss eine gute berufliche Lebensperspektive eröffnet werden, insbesondere durch Weiterqualifikation und -vermittlung für Zukunftsarbeitsplätze möglichst in den Regionen.
Notwendig ist vor allem Planungssicherheit. So können die Energieunternehmen die notwendigen Investitionen in Netze und Speicher, klimaverträgliche Backup-Kraftwerke, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien vornehmen, um die Versorgung mit Strom und Wärme sicher zu stellen. Der Umbau derzeit kohlebasierter Fernwärmesysteme muss ausreichend unterstützt werden.“
IG BCE-Vorsitzender Michael Vassiliadis IG BCE/Stefan Koch
Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE: „Die IG BCE steht hinter den Klimazielen für 2030 und 2050. Sie lassen sich erreichen, ohne dass wir Struktur-brüche in den Regionen und Gute Arbeit riskieren. Denn der Pfad für ein Auslaufen der Kohleverstromung ist längst vorgezeichnet, weil immer mehr Kraftwerke vom Netz gehen und keine neuen mehr gebaut werden. Die Menschen in den Revieren brauchen keinen politisch beschleunigten Ausstieg aus der Kohle. Was sie brauchen, ist ein Einstieg in einen Strukturwandel, der gute Industriearbeit sichert. Dafür werden wir uns in der Kommission einsetzen.“
FAQ
Der richtige Name der Kommission lautet „Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, dieser beschreibt die bevorstehenden Herausforderungen in angemessener Weise. Der viel benutzte Begriff der "Kohlekommission" hingegen suggeriert, dass es lediglich darum geht, eine Ausstiegsdebatte um das Ende der Kohleverstromung zu führen. Doch das greift deutlich zu kurz. Es geht um einen breiten Blick bei der weiteren Gestaltung der Energiewende. Wie wird Versorgungssicherheit gewährleistet, wie verläuft die Entwicklung der Strompreise. Mit welchem Investitionsrahmen gelingt der weitere Aufbau von nachhaltigen Energieversorgungsinfrastrukturen. Welche Auswirkungen hat der Strukturwandel auf bestimmte Regionen und Arbeitsplätze, wie lassen sich neue, tragfähige Perspektiven entwickeln.
Wenn es um die Begleitung von Strukturwandel und die Schaffung neuer und vor allem guter Arbeitsplätze geht, sind die Beschäftigen, Betriebsräte und Gewerkschaften die Experten. Darüber hinaus können die Gewerkschaften auf jahrelange Erfahrungen in der Strukturpolitik, regionaler Wirtschaftsförderung und in der Energie- und Klimapolitik zurückgreifen.
Die Beschäftigten, die Betriebsräte und Gewerkschaftssekretäre vor Ort wissen um die Herausforderungen und Probleme der Menschen in den Regionen und in den Unternehmen. Sie sind diejenigen, die schlussendlich von der Arbeit der Kommission betroffen sein werden und die Energiewende praktisch und vor Ort in den Betrieben umsetzen werden.
In der Energiewirtschaft, die in dieser Kommission hauptsächlich adressiert wird, organisieren die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie Energie (IG BCE) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) die Beschäftigten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund vertritt als Dachverband der acht Gewerkschaften darüber hinaus auch die Interessen der anderen Wirtschaftsbereiche, die direkt oder indirekt von den Themen der Kommission betroffen sind. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften bündeln dieses Know How und bringen es in die Arbeit der Kommission im Sinne der Beschäftigten ein.
Für die Gewerkschaften ist die Kommission dann erfolgreich, wenn sie Vorschläge unterbreitet, die ambitionierten Klimaschutz mit guter Arbeit und wirtschaftlichem Wohlstand zusammenbringen. Die Gestaltung des Gemeinschaftswerkes Energiewende ist komplex, ein schlichtes Zahlenroulette um Ausstiegsdaten führt in die Sackgasse. Die Kommission muss den Mut haben, Zusammenhänge aufzuzeigen und belastbare Lösungen vorschlagen. Die Gestaltung eines gerechten Strukturwandels muss Leitmotto der Kommission sein.
Strukturpolitisch muss es um die Frage, wie wir durch öffentliche und private Investitionen belastbare Alternativen entwickeln, die neue Perspektiven für Beschäftigte und Regionen schaffen. Regionale Ansätze müssen gebündelt, gestärkt und unterstützt werden. Insbesondere industrielle Perspektiven, die an die energiewirtschaftlichen Kompetenzen anknüpfen, bieten neue Chancen. Gute Infrastruktur, bedarfsgerechte Qualifizierung und ein handlungsfähiger Staat sind wichtige Voraussetzungen, um Regionen und Beschäftigte im Wandel zu begleiten. Es geht um die Förderung von Innovationen und um einen verlässlichen Investitionsrahmen Die Kommission muss am Ende konkrete und finanziell hinterlegte Vorschläge machen. Dadurch kann demokratische Politik Vertrauen zurückgewinnen.
Die Transformation der Energiewirtschaft erfordert mehr als Einstiegs- statt Ausstiegsdebatten. Wenn der wichtigste konventionelle Energieträger schneller auslaufen soll, müssen zunächst die infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen werden. Versorgungssicherheit und bezahlbare Strompreise sind nicht verhandelbar. Wir brauchen einen verbindlichen und verlässlichen Investitionsrahmen für gesicherte Leistung, Speicher, Netze und erneuerbare Energien.