Knapp 30.000 Menschen demonstrierten am Wochenende in vier deutschen Städten unter dem Motto „Aufwerten jetzt!“ für bessere Arbeits- und Entgeltbedingungen der Sozial- und Erziehungsberufe. Die Unterstützer/-innen kamen nicht nur aus den Reihen der zuständigen Gewerkschaften ver.di und GEW, sondern aus allen DGB-Gewerkschaften.
Das ist nur konsequent, denn von guter Erziehung, Pflege, Bildung, Betreuung etc. profitieren schließlich alle. Hier geht es um den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft, um gute Bildung für die nachwachsenden Generationen und um Geschlechtergerechtigkeit. Noch immer gibt es dieses Denken: Arbeit aus der Abteilung „Sozialklimbim“ musste früher schließlich auch nicht oder nur gering bezahlt werden. Liegt das Hegen und Pflegen nicht in der Natur der Frau, die darin ihre Erfüllung findet? Reicht da nicht ein gehobenes Taschengeld? Die Lohnlücke zwischen manchen „klassischen“ männerdominerten Facharbeiterberufen und Erzieher/-innen beträgt immer noch rund 20 Prozent. Dass zum Beispiel Erzieher/-innen den leichteren Job hätten als Vertreter/-innen anderer Berufe, ist eine Mär.
lohnspiegel.de; WSI Tarifarchiv
So identifizieren sich Erzieher/-innen laut einer Sonderauswertung des „DGB-Index Gute Arbeit“ zwar im besonderen Maße mit ihrem Beruf, doch viele halten ihr Einkommen und die Arbeitsbedingungen nicht für angemessen. Erzieher/-innen sind bei der Arbeit z. B. zu 89 Prozent von Lärm betroffen (andere Berufe: 41 Prozent) und 75 Prozent von ungünstiger Körperhaltung (54 Prozent). Die „Arbeit am Menschen“ wird immer anspruchsvoller: Erzieher/-innen müssen heute auch noch Sprachförderung, Inklusion und Integrationsarbeit leisten. Eine enorme Verantwortung, die nicht selten von psychischer Belastung begleitet ist. Beanspruchende Tätigkeiten also, die ebenso gut entlohnt gehören wie die von der Ausbildungsdauer vergleichbaren „Männerjobs“. Davon profitieren nicht nur Frauen, die besonders häufig in sozialen und Erziehungsberufen anzutreffen sind, es steigen auch die Binnennachfrage und die Einnahmen der Sozialkassen.
Und noch ein Aspekt kommt hinzu: Für viele Kommunen wird die Investition in die soziale Infrastruktur zunehmend zu einem Standortfaktor. Wo gute Kinderbetreuung und Bildungseinrichtungen angeboten werden, lassen sich Unternehmen und Bürger/-innen eher nieder. Geld, das für gute soziale Dienste in die Hand genommen wird, zahlt sich somit mehrfach wieder aus. Das müssen endlich auch diejenigen verstehen, die verkrampft an Schuldenbremsen und „Schwarzen Nullen“ festhalten. Skandinavien, wo rund ein Drittel der Beschäftigten im öffentlichen Sektor arbeitet zeigt, wie es geht: Hier wurden die öffentlichen Gesundheits- und Bildungseinrichtungen gezielt und bedarfsgenau ausgebaut. Qualität steht im Zentrum. Das kostet und ist beschäftigungsintensiv. Aber im Ergebnis beflügelt diese Investition die wirtschaftliche Dynamik durch hoch qualifizierte Fachkräfte und technischen Fortschritt.