Tariftreuegesetz bringt Staat und Sozialkassen Millioneneinnahmen – Verschärfungen gefordert

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Dachzeile Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied

Mit dem geplanten Bundestariftreuegesetz sollen künftig nur noch Unternehmen zum Zuge kommen, die nach Tarif bezahlen. Eine aktuelle DGB-Berechnung zeigt: Die höheren Tariflöhne bringen dem Fiskus und den Sozialversicherungen Mehreinnahmen von 190 Millionen Euro pro Jahr – und das bei konservativer Rechnung. Die geplanten Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur sind dabei noch gar nicht eingerechnet. Für ein starkes Gesetz fordert der DGB allerdings Nachbesserungen vom Bundestag – und den Beschluss noch in diesem Jahr.

Tariflöhne rechnen sich für alle

“Im Gegensatz zu dem enormen Schaden, der in Deutschland jedes Jahr durch Tarifflucht entsteht, sind die Kosten für dieses Gesetz allemal verkraftbar. Allein bei konservativer Schätzung bringt das Gesetz den Beschäftigten, dem Fiskus und den Sozialkassen jährlich insgesamt einen dreistelligen Millionenbetrag ein. Das übersehen Kritiker des Gesetzes gerne. Mit Lohndumping bei öffentlichen Aufträgen muss endlich Schluss sein. Wir wollen keinen Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten”, erklärt Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied.

Die DGB-Berechnung basiert auf konservativen Annahmen: Bei einem jährlichen Auftragsvolumen des Bundes von 40 Milliarden Euro und einer vorsichtig geschätzten Lohnkostenquote von nur 10 Prozent ergibt sich ein Lohnanteil von 4 Milliarden Euro. Da derzeit nur 23,8 Prozent aller Betriebe in Deutschland tarifgebunden sind, müssten rund drei Viertel der Unternehmen ihre Lohnstrukturen bei Bundesaufträgen auf Tarifniveau anheben. Der durchschnittliche Tarifvorteil liegt bei 12 Prozent – in der Berechnung wurden jedoch nur 10 Prozent angesetzt. Daraus resultiert ein zusätzliches tarifliches Lohnvolumen von 300 Millionen Euro jährlich.

Von diesem Lohnplus profitieren nicht nur die Beschäftigten: Die Sozialversicherungen erhalten durch höhere Beiträge ein Plus von 120 Millionen Euro, der Fiskus kann mit zusätzlichen Einkommensteuern von 70 Millionen Euro rechnen. Diese Mehreinnahmen von insgesamt mindestens 190 Millionen Euro übersteigen die geschätzten Kosten für Überwachung, Kontrolle und Vergabe deutlich – diese werden mit einmalig 7,4 Millionen Euro und jährlich 3 Millionen Euro beziffert.

Milliarden-Investitionen erfordern klare Regeln

Tariflöhne als Regel, nicht als Luxus – das hat sich die Bundesregierung selbst ins Stammbuch geschrieben. Und das ist verdammt wichtig, denn der Staat plant in den kommenden Jahren Milliarden-Investitionen in die Infrastruktur. Doch mit diesem Geldregen darf er nicht länger Billiglohn-Akrobatik der Arbeitgeber subventionieren. Die Botschaft muss glasklar sein: Öffentliche Kohle gibt's nur für gute Arbeit nach Tarif – nicht für den, der am dreistesten kalkuliert”, so Körzell.

Tatsächlich dürfte das Auftragsvolumen durch das anstehende Investitionsprogramm des Bundes, insbesondere durch das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität, in den kommenden Jahren die bisherigen 40 Milliarden Euro noch übersteigen. Umso dringlicher ist aus Sicht der Gewerkschaften ein wirksames Gesetz ohne Schlupflöcher.

Zu viele Ausnahmen, zu wenig Kontrolle

“Deshalb brauchen wir jetzt, noch dieses Jahr, ein Bundestariftreuegesetz mit Biss. Der aktuelle Gesetzentwurf enthält noch zu viele Ausnahmen, zu viele Schlupflöcher – das Parlament muss nachbessern, und zwar gründlich. Denn je mehr man das Gesetz verwässert, desto unmöglicher wird die Kontrolle”, fordert das DGB-Vorstandsmitglied.

Besonders kritisch sieht Körzell die vorgesehenen Schwellenwerte und Ausnahmen: “Der vorgesehene Schwellenwert schließt massenhaft kleinere Aufträge aus Handwerk und Mittelstand aus. Die Ausnahmen für Bundeswehr, Sicherheitsbehörden oder Lieferleistungen? Weg damit! Was wir brauchen, ist ein Kontrollregime mit Zähnen: klare Haftungsregeln, genug Personal, Nachweispflichten auch für Subunternehmer und Leihfirmen. Tarifliche Standards bei Arbeitszeit und Urlaub müssen ab Tag eins gelten.”

Bürokratie-Argument greift nicht

Dem Vorwurf übermäßiger Bürokratie treten die Gewerkschaften entschieden entgegen: “Und bevor jetzt die Arbeitgeber-Lobbyisten mit ihrer Bürokratie-Leier anfangen: Das Saarland und Berlin zeigen längst, wie's geht. Für tarifgebundene Betriebe reicht ein simples zweiseitiges Formular. Völlig unbürokratisch. Die Ausreden sind durch”, stellt Körzell klar.

Seine Kritik richtet sich auch an die Arbeitgeberverbände: “Die Arbeitgeberverbände werfen sich jetzt offenbar vor ihre schwarzen Schafe und vernachlässigen dabei jene Mitglieder in ihren Reihen, die nach Tarif zahlen. Wir als Gewerkschaften sind inzwischen die Verfechter des fairen Wettbewerbs. Die Union scheint überall für Law and Order zu stehen, nur nicht auf dem Arbeitsmarkt.”

Für uns Gewerkschaften ist klar: Gute Arbeit verdient gute Bezahlung – und wer von Steuergeldern profitiert, muss sich an Tarifstandards halten. Mit dem Bundestariftreuegesetz will die Bundesregierung sicherstellen, dass öffentliche Gelder nicht länger Lohndumping subventionieren. Jetzt kommt es darauf an, dass das Parlament die notwendigen Nachbesserungen vornimmt, damit das Gesetz seine volle Wirkung entfalten kann.

 

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