Am 10. Oktober steht im Bundestag die erste Lesung des Bundestariftreuegesetzes (BTTG) an. Mit dem BTTG sollen künftig öffentliche Aufträge des Bundes nur noch an Unternehmen gehen, die Tarifverträge anwenden. Das ist ein entscheidender Schritt, um Tarifbindung zu stärken und fairen Wettbewerb sicherzustellen. Denn klar ist: Der Staat darf mit seinen Milliardenaufträgen kein Lohndumping finanzieren. Öffentliche Gelder müssen an gute Arbeit gebunden sein – nicht an den billigsten Anbieter.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Nur noch 49 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeiten nach Tarifvertrag. Ohne Tarifvertrag verdienen Beschäftigte im Schnitt fast 3.000 Euro netto weniger pro Jahr. Das ist nicht nur ein Problem für die Betroffenen, sondern auch für die Gesellschaft: Pro Jahr fehlen dadurch laut DGB-Tariffluchtbilanz rund 123 Milliarden Euro an Kaufkraft, Steuern und Beiträgen zur Sozialversicherung.
Allein 2023 hat der Bund Aufträge in Höhe von knapp 40 Milliarden Euro vergeben. Hinzu kommen die gigantischen Investitionspakete, die gerade mit dem Bundeshaushalt für Infrastruktur, Klimaschutz und Transformation auf den Weg gebracht werden. Diese Gelder entscheiden darüber, ob in Zukunft Straßen, Schulen und Netze mit Qualität gebaut werden oder ob billiger Pfusch den Ton angibt. Deshalb ist das Bundestariftreuegesetz jetzt so wichtig: Es verknüpft öffentliche Aufträge mit Tarifbindung und setzt damit soziale Standards durch.
Tarifverträge sichern nicht nur faire Löhne, sondern auch bessere Arbeitsbedingungen und Chancengleichheit. Sie verhindern, dass Unternehmen über Dumpinglöhne im Wettbewerb die Nase vorn haben.
Damit das Bundestariftreuegesetz seinen Zweck erfüllt, muss der Bundestag den Regierungsentwurf deutlich nachschärfen. Der Schwellenwert von 50.000 Euro, ab dem das BTTG greifen soll, schließt zu viele kleinere Aufträge – gerade im Handwerk und Mittelstand – aus. Er muss gesenkt werden. Ausnahmen etwa für Bundeswehr, Sicherheitsbehörden oder von Lieferleistungen widersprechen dem Gesetzesziel und sind zu streichen. Entscheidend ist außerdem ein wirksames Kontrollregime. Ohne klare Haftungsregeln und ausreichend Personal bleibt das Gesetz ein Papiertiger. Dazu müssen auch Nachweispflichten für Nachunternehmer und Verleiher gelten, damit keine Schlupflöcher entstehen. Tarifliche Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeit und Urlaub müssen ab dem ersten Tag gelten.
Jetzt liegt es am Bundestag, aus dem BTTG ein scharfes Instrument gegen Tarifflucht und für fairen Wettbewerb zu machen. Öffentliche Auftraggeber müssen Vorbild sein und zeigen: Gute Arbeit lohnt sich. Beschäftigte und Gewerkschaften werden weiter Druck machen, damit das Gesetz nicht verwässert wird. Denn klar ist: Tarifverträge machen den Unterschied. Sie sichern Einkommen, Urlaub und Planbarkeit. Sie sorgen für Qualität im Wettbewerb und Gerechtigkeit in der Gesellschaft.