EU-Mindestlohnrichtlinie: Sieg für das soziale Europa!

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Dachzeile kartext Nr. 39/2025

Der 11. November 2025 war ein sehr guter Tag für das soziale Europa. Der Europäische Gerichtshof urteilte, dass die EU-Mindestlohnrichtlinie zum Großteil wirksam ist. Lediglich einige Regelungen, die Kriterien dafür festlegen sollten, wann gesetzliche Mindestlöhne als "angemessen" gelten, wurden für nichtig erklärt. Nichtig ist auch eine Regelung für den Fall der Indexierung des gesetzlichen Mindestlohns, die in Deutschland aber nicht zum Tragen kommt. Die Empfehlung, dass die Mindestlohnhöhe 60 Prozent des mittleren Einkommens nicht unterschreiten sollte, bleibt bestehen.

Direkte Auswirkungen auf den deutschen gesetzlichen Mindestlohn hat das Urteil nicht. Aber: 
Die Bundesregierung ist jetzt am Zug, einen ambitionierten nationalen Aktionsplan zur Förderung von Tarifverhandlungen auf den Weg zu bringen. Bis Jahresende muss dieser der EU-Kommission in Brüssel vorliegen. Darin müssen Vorschläge für konkrete Maßnahmen enthalten sein, wie die Tarifbindung gesteigert werden kann. Denn: Die Tarifbindung der Beschäftigten in Deutschland liegt aktuell bei nur noch 49 Prozent  und damit unter der Schwelle von 80 Prozent. Wird diese Schwelle unterschritten, ist nach der Richtlinie ein nationaler Aktionsplan vorzulegen.

In unserer Stellungnahme haben wir bereits viele konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung gemacht:
Ein wirkungsvolles Bundestariftreuegesetz (BTTG) gehört dazu. Dies führt zu einer breiteren Anwendung von Tarifverträgen und wird einige Arbeitgeber*innen hoffentlich überzeugen, selbst Tarifverträge abzuschließen. Auch ein digitales Zugangsrecht für Gewerkschaften in dem Betrieb ist nötig. Kontakt mit potenziellen Gewerkschaftsmitgliedern würde dadurch auch in Branchen möglich, in denen Beschäftigte nicht mehr an einem Ort im Betrieb vorzufinden sind, sondern an einem mobilen Arbeitsplatz oder kleinteilige Filialstruktur vereinzelt arbeiten. Ebenfalls von Bedeutung ist, dass Gewerkschaftsbeiträge zukünftig besser steuerlich absetzbar sein müssen. Die Mitgliedschaft würde dadurch attraktiver und auf lange Sicht würden mehr Tarifverträge abgeschlossen.

An die Arbeitgeberseite gerichtet braucht es eine Offenlegungspflicht, ob sie Mitglied im Arbeitgeberverband sind. Da Arbeitgeberverbände oft Mitgliedschaften "mit Tarifbindung", aber auch "ohne Tarifbindung" vorsehen, besteht für Gewerkschaften hier oft folgenreiche Unsicherheit. Außerdem müssen ausreichend lange Ankündigungsfristen für den Wechsel in die sogenannte "Ohne-Tarif" (OT)-Mitgliedschaft festgelegt werden, um Planungssicherheit für die Gewerkschaften zu schaffen und "Blitzwechsel" in den tariflosen Zustand zu verhindern. Eine weitere wichtige Maßnahme ist die Erleichterung der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen. Das Verfahren muss entsprechend angepasst werden. Für die Arbeit der Betriebsräte, die sich im Vorfeld und im Rahmen von Tarifverhandlungen engagieren, muss besserer Schutz vor gewerkschaftsfeindlichem Verhalten bestehen. § 119 Betriebsverfassungsgesetz muss so verändert werden, dass die Staatsanwaltschaft ohne Antrag ermitteln kann.

Fazit: Jetzt ist politisches Handeln angesagt!

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