Vorige Woche ist der sogenannte "Investitionsbooster" in Kraft getreten. Durch dieses Gesetz können Unternehmen ab sofort durch sehr günstige Abschreibungsmöglichkeiten kräftig Steuern sparen, wenn sie in den nächsten zweieinhalb Jahren in ihre Anlagen investieren. Bund, Länder und Kommunen verzichten dafür bis zum Ende des Jahrzehnts auf insgesamt rund 32 Milliarden Euro. Neben weiteren Steuererleichterungen für Unternehmen, die in die Elektrifizierung ihres Fuhrparks investieren, schafft das Gesetz vor allem aber die Grundlage für eine dauerhafte Senkung des Körperschaftsteuersatzes. Von 15 Prozent soll er ab 2028 jährlich um 1 Prozent auf dann 10 Prozent abgesenkt werden. Jeder Prozentpunkt entspricht dabei einer Steuerentlastung von jährlich mehr als 4,5 Milliarden Euro.
Es bleiben Zweifel, ob die Bundesregierung damit die wirtschaftlichen Probleme an der richtigen Seite anpackt. Denn: Die Wirtschaftsfachleute sind sich einig, dass die maßgeblichen Probleme, die eine Belebung der Wirtschaft hemmen, vor allem auf der Seite der Nachfrage bestehen. So dämpfen internationale Handelskonflikte den deutschen Export und auch die Binnennachfrage kommt nicht vom Fleck: Die Inflation hat die Kaufkraft der Löhne und den Konsum gedrückt, die öffentliche Hand weitet zwar Infrastrukturinvestitionen und Rüstungsausgaben aus, kürzt aber anderswo. Erzwingen die staatlichen Einnahmeverluste weitere Kürzungen, könnte der "Investitionsbooster" die Konjunktur unterm Strich sogar negativ belasten. Eine ähnliche Erfahrung musste Deutschland zu Beginn der 2000er Jahre machen.
Hauptargument für die jüngsten Steuersenkungen war deshalb auch eher die Behauptung, Deutschland sei im Vergleich mit anderen Staaten als Standort für Unternehmen wegen zu hoher Steuern unattraktiv. Die Unternehmerlobby verweist dabei vorzugsweise auf die Addition von Körperschaft- und Gewerbesteuersatz. Und da liegt Deutschland mit fast 30 Prozent hinter Japan auch wirklich an der Spitze der Industriestaaten. Doch sagt dieser Wert nichts über die tatsächliche Belastung aus.
So hat Deutschland vergleichsweise großzügige Regeln, um Verluste in beliebiger Höhe auf gute Jahre zu verteilen und so die Gewinne kleinzurechnen. Außerdem ist für einen Unternehmer nicht nur relevant, welche Steuern sein Unternehmen abführen muss, sondern auch, welche Steuern er privat auf die an sich selbst ausgezahlten Gewinne berappen muss.
Betrachtet man die private Belastung und die des Unternehmens zusammen, zeigt sich laut Bundesfinanzministerium: Deutschland liegt ähnlich wie andere Industriestaaten zwischen Japan und dem Kanton Zürich in der Schweiz und weit unterhalb von Großbritannien, Dänemark und Kanada.
Aber auch diese Rechnungen sind von getroffenen Annahmen abhängig. Für den zwischenstaatlichen Vergleich sollten deshalb die Einnahmen aus den Unternehmenssteuern auch ins Verhältnis zu allen Steuereinnahmen und zur gesamtwirtschaftlichen Leistung (BIP) gesetzt werden. Und auch da gibt es keinen Anlass für Panik. Alarmierend ist vielmehr, dass Deutschland den Startschuss für eine erneute Runde im Wettlauf um die international niedrigsten Unternehmenssteuern abgefeuert hat.