Sozialabbau schadet Wirtschaft und Gesellschaft

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Dachzeile klartext Nr. 36/2025

Die Bundesregierung verschärft die Regeln für die Grundsicherung. Jobcenter sollen künftig schneller Sanktionen verhängen und die Bürgergeldzahlung sogar ganz auf 0 setzen können. Selbst psychisch Erkrankte sind davor nicht sicher geschützt. Eine ausreichende Mittelausstattung für die Jobcenter, damit sie Arbeitslose besser fördern und betreuen können, ist jedoch weiter nicht in Sicht.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, hält die Reform für ein "populistisches Ablenkungsmanöver", das keine Menschen in Arbeit bringen werde. Und in der Begründung des entsprechenden Gesetzentwurfes schreibt auch das Bundesarbeitsministerium, dass die Beschäftigungschancen von Leistungsbeziehenden im Wesentlichen von der Wirtschaftsentwicklung abhängen und nicht von den Bürgergeld-Regeln.

Gleichzeitig zeigt der Gesetzentwurf, dass die Regelverschärfung (entgegen den Ankündigungen aus der Union) keine großen Einsparungen bringen wird: Für 2026 und 2027 wird mit einem zweistelligen Millionenbetrag gerechnet. Ab 2028 kostet die Reform aufgrund des zusätzlichen Verwaltungsaufwands sogar mehr, als sie einspart.

Doch die neue Bürgergeld-Reform ist mehr als ein teurer bürokratischer Akt ohne Wirkung. Sie ist Teil einer Gesamterzählung, die von echten gesellschaftlichen Problemen ablenkt und die Schuld den Schwächsten zuschiebt. Sie ist Teil eines breiten Angriffs konservativer Kräfte auf soziale Errungenschaften – von der Begrenzung der Arbeitszeit über die Rente bis zur Pflege.

Geht es nach Friedrich Merz, steht uns bald ein weiterer Abbau des Sozialstaats bevor. "Wir können uns dieses System, das wir heute so haben, einfach nicht mehr leisten", behauptet der Bundeskanzler und nährt so den Mythos des ausufernden Sozialstaats. Tatsächlich sind die Ausgaben für Soziales gemessen an der Wirtschaftsleistung aber seit Jahrzehnten kaum gestiegen. Für Bürgergeld, Eingliederungshilfen und Sozialhilfe sind die Ausgaben im Vergleich zu 2010 sogar leicht zurückgegangen – trotz vieler geflüchteter Ukrainer*innen im Bürgergeldbezug. Auch für die Rentenversicherung sind die Ausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut IMK klar rückläufig.

Vieles spricht dafür, Sozialsysteme zu stärken, anstatt zu schwächen! Wer die Axt an den Sozialstaat legt, schadet der gesamten Gesellschaft und letztendlich auch der Wirtschaft. Wenn das Existenzminimum kleingerechnet wird, um Sozialleistungsempfänger*innen weniger zu zahlen, drückt das auch den vom Existenzminimum abgeleiteten Grundfreibetrag in der Einkommensteuer und kann so zu höherer Steuerbelastung aller Beschäftigten führen. Gleichzeitig führt die schlechtere Absicherung von Arbeitslosen schnell zu Unsicherheit bei den Beschäftigten, zu Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen.

Wer Arbeitslose zwingt, jede Arbeit anzunehmen, anstatt sie gezielt für zukunftsfähige Arbeitsplätze weiterzubilden, bremst auch die Produktivitätsentwicklung der Volkswirtschaft.

Insgesamt schafft der Sozialstaat Stabilität bei unsicheren Marktprozessen. Gemeinsam mit öffentlichen Diensten der Daseinsvorsorge sorgt er zudem für Umverteilung, eine Stärkung der Kaufkraft in der Masse der Bevölkerung und damit für mehr Binnennachfrage. Angesichts schwächelnder Exporte ist das gerade wichtiger denn je.

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