Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage (SVR) hat sein neues Jahresgutachten veröffentlicht. In einem eigenen Kapitel beschäftigen sich die Wirtschaftsweisen mit der ungleichen Verteilung der Vermögen und stellen fest: Zusammen mit Österreich hat Deutschland die höchste Vermögensungleichheit im Euro-Raum. Der Vermögensanteil der reichsten 10 Prozent der Haushalte stieg nach den vom SVR verwendeten Zahlen zwischen 1993 und 2008 von 56 Prozent auf 60 Prozent und blieb danach bei etwa 59 Prozent konstant. Der Anteil der ärmeren Hälfte der Bevölkerung sank im genannten Zeitraum von 4 Prozent auf weniger als 2 Prozent. Rund die Hälfte der Immobilienvermögen und über 85 Prozent der Betriebsvermögen entfallen auf das reichste Zehntel.
Im Osten Deutschlands sind die Vermögen deutlich niedriger. Obwohl Ostdeutsche genauso oft unternehmerisch tätig sind wie Westdeutsche, verfügen sie über deutlich geringere Betriebsvermögen, was laut SVR auch auf die Privatisierungsstrategien für Ost-Betriebe nach 1990 zurückzuführen ist. Menschen mit Migrationshintergrund haben im Durchschnitt weit weniger Vermögen als der Rest der Bevölkerung. Der SVR zeigt außerdem auf, dass Personen meistens in ihrer Position in der Vermögensverteilung verharren: Wer reich ist bleibt reich, und wer arm ist bleibt arm.
Die Wirtschaftsweisen kritisieren die Vermögensungleichheit als ökonomisch ineffizient – wenn ärmere Personen etwa durch schlechteren Zugang zu Bildung oder Unternehmensgründungen in ihrem Fortkommen behindert werden. Außerdem könne eine starke Vermögenskonzentration zu einer Konzentration "von ökonomischer Macht und politischer Einflussnahme führen."
Zur Abhilfe empfiehlt der SVR auch die Förderung des Vermögensaufbaus in der breiten Bevölkerung, räumt aber ein, dass 13 Prozent der Haushalte wegen niedriger Einkommen überhaupt nicht sparen können. Zentrale Bedeutung kommt damit dem Instrument einer stärkeren Besteuerung von Vermögen zu. Die Wirtschaftsweisen schätzen, dass bis zu 50 Prozent der Vermögen auf Erbschaften und Schenkungen zurückgehen (und somit nicht auf eine eigene Leistung). Sie empfehlen vor diesem Hintergrund eine Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer.
Zwar gelten für größere Erbschaften eigentlich höhere Steuersätze, bei Erbschaften über 2,5 Millionen Euro drücken Vergünstigungen für Betriebsvermögen den Durchschnittssteuersatz aber erheblich. Durch die sogenannte "Verschonungsbedarfsprüfung" halbiert sich der tatsächlich gezahlte Durchschnittssteuersatz für Erbschaften über 20 Millionen Euro von 14,3 Prozent auf 7,3 Prozent. Mega-Reiche zahlen so oft kaum Erbschaftsteuer. Sage und schreibe 3,4 Milliarden Euro an Erbschaftsteuer sparten gerade mal 45 reiche Einzelpersonen im Jahr 2024 durch die Verschonungsbedarfsprüfung.
Zu Recht fordert der SVR deshalb die Abschaffung oder starke Beschränkung der Sonderregeln für ererbtes oder geschenktes Betriebsvermögen. Gut ist auch, dass er in der Einführung einer ungerechten Flat Tax keine Alternative sieht. Dann würde für Millionen-Erben nämlich der gleiche Steuersatz wie für Nomalbürger*innen gelten. Deutschland kann sich die Subvention von Milliardären aber nicht mehr leisten!
Mehr Infos zu DGB-Forderungen nach gerechten Steuern gibt es auch in einer neuen Broschüre.