DGB-Newsletter einblick
Jetzt den E-Mail-Newsletter des DGB abonnieren. Der DGB-Infoservice einblick liefert vierzehntägig kompakte News und Infos zu allen Themen, die im Job eine Rolle spielen.
Was Betriebsräte dürfen, regelt das Betriebsverfassungsgesetz - es ist vor 50 Jahren zum letzten Mal refomiert worden. Höchste Zeit, die Grundlagen anzupassen, um Digitalisierung und Klimakrise zu bewältigen sowie Wirtschaft und Gesellschaft zukunftsfähig zu machen.
DGB
Die Unternehmen in Deutschland stehen mit beiden Beinen in der Transformation – dem ökologischen und digitalen Umbau der Wirtschaft. Dabei stehen sie vor großen Entscheidungen: Wie kann die Produktion klimaneutral umgestellt werden? Was passiert mit den Beschäftigten während und nach dem Umbau? Da sollten Betriebsräte mitentscheiden – aber rechtlich gibt es für diese Mitbestimmung in vielen Bereichen keine Grundlage. Überhaupt, Klimaschutz: Gäbe es Mitbestimmungsrechte beim Umweltschutz, könnten sich Betriebsräte frühzeitig an diesen grundlegenden Entscheidungen beteiligen.
In anderen Konzernen dreht sich alles um Cybersicherheit, um Digitalisierung und mobile Arbeit. Damit auch bei den Themen Datenschutz und Weiterbildung die Interessen der Beschäftigten nicht vergessen werden, braucht es dringend neue rechtliche Grundlagen für die Mitbestimmung.
Für die laufenden großen Veränderungen reicht das alte Betriebsverfassungsgesetz nicht mehr aus – es wurde 1972 zum letzten Mal grundlegend reformiert. Das seit 2021 geltende Betriebsrätemodernisierungsgesetz schließt zwar schon einige Lücken. Aber eine zeitgemäße Modernisierung des Betriebsverfassungsgesetzes ist es nicht.
Expert*innen aus den DGB-Gewerkschaften, der Hans-Böckler-Stiftung und aus rechtswissenschaftlichen Instituten haben im April 2022 einen Vorschlag für ein modernes Betriebsverfassungsgesetz vorgelegt. Ziel ist es einerseits, die Grundlagen für eine moderne Betriebsratsarbeit zu legen, die mit den technischen, ökologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen schritthalten kann – und andererseits die Mitbestimmung vor Angriffen vonseiten der Arbeitgeber*innen und Unternehmen zu schützen. Dazu schlägt der Entwurf eine Reihe von Neuregelungen und Reformen vor.
Wichtige Neuregelungen liegen beim Klima- und Umweltschutz sowie der Gleichstellung. So sieht das Papier beim Klimaschutz ein Initiativ- und Mitbestimmungsrecht vor. In größeren Betrieben ab 100 Mitarbeiter*innen soll ein Umweltausschuss eingerichtet werden. Auch bei der Gleichstellung der Geschlechter soll es ein Initiativ- und Mitbestimmungsrecht zur Herstellung von Entgeltgerechtigkeit geben.
Damit Betriebe erfolgreich durch die Transformation – den Wandel der Arbeitswelt – kommen, müssen Betriebsräte bei einigen Schlüsselthemen das Heft des Handelns in die Hand nehmen können: Sie brauchen mehr Initiativ- und Mitbestimmungsrechte bei der Weiterbildung, der Beschäftigungssicherung und der Personalplanung. Hier sollen bestehende Rechte reformiert und ausgeweitet werden.
Angesichts der Entwicklung digitaler Programme und Anwendungen, die Daten sammeln und verarbeiten, sieht der Reformentwurf vor, die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte beim Datenschutz zu ergänzen. So sollen die Würde und die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten geschützt und der betriebliche Datenschutz sichergestellt werden.
Um auch in Zeiten der Globalisierung eine wirksame Mitbestimmung zu ermöglichen, sollen die Rechte der Betriebsräte bei der grenzüberschreitenden Interessenvertretung gestärkt und ausgebaut werden. Der Betriebsbegriff wird angepasst und die Mitbestimmung sichergestellt, wenn die Konzernspitze im Ausland sitzt.
Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen ist es wichtig, die Demokratie im Betrieb zu stärken. Die Mitbestimmung sollte auch im Inland ausgeweitet werden, damit mehr Beschäftigte ihre Interessen demokratisch im Betrieb zum Ausdruck bringen können. Bisher sind Kirchen unter dem sogenannten Tendenzschutz von der Mitbestimmung ausgenommen. Das gilt auch in Bereichen, in denen sie als „normale“ Arbeitgeber wirken. Diesen generellen Tendenzschutz sieht der Reformvorschlag nicht mehr vor.
Damit alle schutzbedürftigen Beschäftigtengruppen repräsentiert werden und ihre Rechte durchgesetzt werden können, sieht der Reformvorschlag einen breiteren Arbeitnehmerbegriff vor, der arbeitnehmerähnliche Beschäftigungsverhältnisse und Leiharbeiter*innen einbezieht.
Angriffe auf die Mitbestimmung müssen unterbunden werden, damit Beschäftigte auch im Betrieb demokratisch mitbestimmen können. Bei Betriebsratsgründungen sollen Initiator*innen besser vor Kündigungen geschützt werden. Arbeitgeber*innen, die Betriebsratsarbeit und Betriebsratswahlen behindern, bekommen es außerdem mit der Staatsanwaltschaft zu tun; Union Busting wird zum Offizialdelikt, das ohne Antrag verfolgt wird. Betriebsräte sollen zudem ihre Arbeit künftig auch digital ausführen können – sie erhalten ein umfassendes digitales Zugangsrecht, von der Mitgliederwerbung bis zur Aufgabenwahrnehmung.
Der DGB fordert die Bundesregierung auf, die Modernisierung der Betriebsverfassung anzugehen. Schließlich hat die Koalition in ihrem Vertrag versprochen: „Die Mitbestimmung werden wir weiterentwickeln.“