Industrie-Arbeitsplätze sichern – jetzt!
Kaum ein Monat vergeht ohne schlechte Nachrichten aus der Industrie. Während Großunternehmen wie Volkswagen, Bosch, ThyssenKrupp oder BASF mit angekündigten Personalkürzungen für Schlagzeilen sorgen, findet der Abbau im Mittelstand ohne große öffentliche Aufmerksamkeit statt. Die Folgen sind verheerend. 120.000 Industriearbeitsplätze wurden 2024 abgebaut, eine Trendwende ist nicht in Sicht.
Kurz erklärt: Das Thema Industrie-Arbeitsplätze
- Die deutsche Industrie steckt in der Krise. In den Betrieben gehen zahlreiche Arbeitsplätze verloren.
- Die Gründe sind vielfältig. Sie reichen von Investitionsstau, Managementfehlern und hohen Energiepreisen bis zur schwächelnden Weltkonjuktur und geopolitischen Konflikten.
- Was wir jetzt brauchen: schnelle und zielgerichtete Maßnahmen, die die Industrie stabilisieren und Arbeitsplätze schützen.
- Dazu gehören: schnelle Umsetzung von Investitionen aus dem Sondervermögen, eine aktive und gezielte Industriepolitik, mehr Planungssicherheit und Entlastung bei den Energiepreisen.
Stahlindustrie: Ohne eigene Produktion droht ein Desaster
Die Zahlen sind alarmierend: Wenn Deutschland sich bei Stahl auf Importe aus dem Ausland verlässt und große Exportländer wie China ihre Lieferungen plötzlich drosseln, droht ein wirtschaftliches Desaster. Eine Studie der Universität Mannheim, gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung, rechnet vor: Ein solcher "Stahlschock" würde Deutschland jährlich 50 Milliarden Euro Wertschöpfung kosten. Das sind 1,2 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts. Die Folgen wären verheerend.
Investitionslücke bei grünem Stahl: Die Zeit läuft ab
Noch ist Deutschland mit 37 Millionen Tonnen Jahresproduktion der größte Stahlhersteller in der EU. Doch dringend notwendige Investitionen in klimafreundliche Produktionsanlagen stocken, Produktionsziele werden immer weiter nach unten korrigiert. Die Politik muss die Transformation dringend unterstützen, denn ein Wettlauf gegen die Zeit hat begonnen: Die alten Hochöfen erreichen bis 2035 das Ende ihrer Lebensdauer.
30.000 Jobs stehen auf der Kippe
Die sozialen Folgen wären massiv: Mindestens 30.000 der 70.000 Beschäftigten in der Stahlindustrie würden ihren Job verlieren. Viele von ihnen sind über 50 Jahre alt und haben somit nur geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Und das ist noch nicht alles: In den Branchen, die Stahl verarbeiten, arbeiten rund 4 Millionen Menschen. Das sind zwei Drittel aller Industriearbeitsplätze in Deutschland. Auch sie wären indirekt bedroht.
Christina Schildmann von der Hans-Böckler-Stiftung bringt es auf den Punkt: "Antibiotika, bestimmte Chemikalien oder Chips für die Massenfertigung: Jahrelang hieß es, solche vermeintlich simplen Produkte brauchen wir nicht mehr selber herzustellen, die kaufen wir billiger in Übersee. Vielfach stellt sich gerade heraus, dass das ein riesiger Fehler war." Diesen Fehler dürfen wir beim unverzichtbaren Werkstoff Stahl nicht wiederholen.
DGB/Hans-Christian Plambeck
Es geht um nichts weniger als die Zukunft unseres Industriestandorts, um Wertschöpfung, Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Industriekrise: Ursachen erkennen, Lösungen statt Ablenkung schaffen
Die Ursachen sind vielfältig. Überhöhte Energiepreise, ein massiver Investitionsstau von 215,7 Milliarden Euro, eklatante Managementfehler, lange Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie ein schwieriges internationales Marktumfeld. China drängt mit hochsubventionierten Produkten und Dumpingpreisen auf europäische Märkte, die USA ergreifen protektionistische Maßnahmen. Bisherige Regeln scheinen nicht mehr zu gelten.
Doch statt konkrete Lösungen auf den Weg zu bringen, skandalisieren Konservative und Arbeitgeber Bürgergeld und Arbeitszeit. Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi kritisiert: “Schutz und Sicherheit für Beschäftigte stehen an erster Stelle – sie sind entscheidend für den Erhalt unseres Industriestandorts, für Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Bundesregierung muss sich auf das konzentrieren, was unser Land wirklich stärkt, statt Verunsicherung zu schüren. Wer den Sozialstaat mit Kürzungen bei Pflege, Krankheit oder Arbeitslosigkeit schwächt, erzeugt Frust statt Wachstum.”
Herbst der Wirtschaftsreformen statt Sozialabbau
Der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis warnt vor der dramatischen Lage in energieintensiven Branchen: Arbeitsplätze stehen auf der Kippe, Werksschließungen drohen. Statt über längere Arbeitszeiten zu diskutieren, muss die Politik die Weichen für den industriellen Turnaround stellen.
Unsere Forderungen
Sondervermögen nutzen: Gezielte Investitionen für eine starke Industrie
Für uns steht fest: Die Bundesregierung muss die Investitionen aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität schnell umsetzen und damit gezielt die heimische Industrie stärken. “Es braucht eine aktive Industriepolitik und keine allgemeine Unternehmenssteuersenkung, bei der Steuergelder mit der Gießkanne verteilt werden”, sagt Yasmin Fahimi.
Notwendig ist vielmehr eine gezielte Unterstützung, um Investitionen anzuregen sowie Standorte und tarifgebundene Beschäftigung zu sichern. Dazu gehören auch Local-Content-Vorgaben und die Schaffung von Leitmärkten, um beispielsweise den Einsatz von in Europa produziertem Stahl in öffentlichen Aufträgen vorzuschreiben und die Nachfrage nach klimafreundlichen Grundstoffen zu stärken.
Planungssicherheit und Industriestrompreis: Lösungen für die energieintensive Wirtschaft
Wir fordern mehr Planungssicherheit für Unternehmen und Beschäftigte, insbesondere bei der Kraftwerksstrategie und beim Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur. Bei den Energiepreisen braucht es weitere Entlastungen durch einen Industriestrompreis. Gerade in den energieintensiven Industrien ist die Lage besonders angespannt. Seit 2022 ist Produktion in diesen Bereichen durchgängig rückläufig.
Energiepreise für Unternehmen: Wettbewerbsfähigkeit sichern
Hohe Energiepreise treffen nicht nur Verbraucher*innen, sondern auch Unternehmen. Die Energiekosten sind in Deutschland wesentlich höher als in relevanten Wettbewerbsregionen wie den USA oder China. Besonders die energieintensiven Industrien stehen vor enormen Herausforderungen. Diese Wirtschaftszweige bieten hunderttausenden Beschäftigten Gute Arbeit und sind für das deutsche Wirtschaftsmodell von großer Bedeutung. Wir fordern deshalb die Einführung eines Industriestrompreises, der energieintensiven Industrien im Transformationsprozess Planungssicherheit gibt und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärkt.