Zur aktuellen Debatte um Verbeamtungen und Stelleneinsparungen im öffentlichen Dient ein Statement von Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des DGB:
"Die Forderung nach weniger Verbeamtungen ist vor allem eine Scheindebatte, die an der Realität vorbeigeht. Jeder weiß, dass die Länder händeringend Lehrkräfte suchen und der Beamtenstatus nicht nur für die Beschäftigten attraktiv ist, sondern auch für die Dienstherren. Mit einem solchen Vorschlag wird kein einziges der drängenden Probleme gelöst – für überfüllte Klassenräume, den Fachkräftemangel und für überlastete Verwaltungen bringt das rein gar nichts. Stattdessen werden Beschäftigte zum Sündenbock gemacht, während altbekannte Beamtenklischees wieder hochkochen. Das ist nicht nur billig, sondern auch brandgefährlich.
Es ist höchste Zeit, die Debatte anders zu führen: Ende August haben die Fraktionsspitzen von CDU/CSU und SPD in ihrer Würzburger Erklärung einen Staat beschworen, der verlässlich, modern und bürgernah funktionieren soll. Wer jetzt über den Beamtenstatus polemisiert, gefährdet dieses Ziel. Denn so schreckt der Staat künftiges, neues Personal ab – und untergräbt gleichzeitig das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in diejenigen, die tagtäglich unter schwierigen Bedingungen unser Gemeinwesen am Laufen halten. Beim Bund und in einigen Ländern gilt für Beamtinnen und Beamten sogar eine höhere wöchentliche Arbeitszeit von 41 Stunden. Dazu kommen zum Beispiel bei der Polizei regelmäßig dienstlich angeordnete Überstunden.
Was es wirklich braucht, ist Wertschätzung für die Beschäftigten – und eine Politik, die klar bekennt: Für einen funktionierenden Rechts- und Sozialstaat braucht es das Berufsbeamtentum und insgesamt mehr Personal.
Für einen effektiven Staat sind verstärkte Investitionen in Personal und eine moderne Ausstattung des öffentlichen Dienstes lebensnotwendig. Aber seit Jahren wird die öffentliche Verwaltung, werden Schulen, Gerichte, Polizei oder Bürgerämter auf Verschleiß gefahren. Die Verantwortung für die schlechten Rahmenbedingungen trägt allein die Politik. Allzu oft fehlt eine langfristige Personalstrategie, die auch die demografische Entwicklung berücksichtigt: In den nächsten zehn Jahren gehen knapp 30 Prozent (1,4 Millionen) der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in den Ruhestand. Forderungen nach Stellenkürzungen, wie im Koalitionsvertrag der Bundesregierung und zuletzt auch vom Institut der deutschen Wirtschaft vorgeschlagen, sind absurd. Die Bürgerinnen und Bürger spüren die sich verschlechternde öffentliche Daseinsvorsorge tagtäglich. Im schlimmsten Fall wird damit die Demokratiekrise verschärft."
Hintergrund
Im öffentlichen Dienst berichten die Beschäftigten besonders häufig von Personalmangel, das zeigen Zahlen aus der Repräsentativumfrage DGB-Index Gute Arbeit 2024. Demnach sind 53 Prozent der Befragten in (sehr) hohem Maße von Personalmangel betroffen. In der Privatwirtschaft sind es 10 Prozentpunkte weniger (43 Prozent). Zudem ist Personalmangel häufig ein Dauerzustand im öffentlichen Dienst. Zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) arbeiten länger als ein Jahr in unterbesetzten Dienststellen.