Um in Not geratene Unternehmen zu schützen, wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt. Für zahlungsunfähige Unternehmen ist diese Frist nun abgelaufen. Sie müssen einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen, es drohen Lohnausfälle. Was können Beschäftigte in diesem Fall tun? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
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Wenn ein Arbeitgeber nicht mehr zahlungsfähig oder überschuldet ist, ist er verpflichtet, innerhalb von drei Wochen einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen.
Mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht wurden die Vorschriften zur Insolvenzantragspflicht rückwirkend vom 01. März bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Ziel war es, in Not geratene Unternehmen die Gelegenheit zu verschaffen, ein drohendes Insolvenzverfahren durch Inanspruchnahme staatlicher Hilfen, gegebenenfalls aber auch im Zuge von Sanierungs- oder Finanzierungsvereinbarungen, abzuwenden.
Diese Regelungen wurden für Betriebe, die Anspruch auf staatliche Hilfe und durch diese eine Überlebenschance haben, bis zum 30. April 2021 verlängert. Allerdings sollte der Antrag auf Leistungen aus diesen Hilfsprogrammen bis Februar 2021 gestellt worden sein. Für zahlungsunfähige Betriebe hingegen gilt, dass sie seit dem 1. Oktober 2020 verpflichtet sind, Insolvenz bei Gericht anzuzeigen, da sie sich sonst strafbar machen.
Auch wenn viele Unternehmen auf staatliche Fördergelder zugreifenkonnten, wird es nicht immer gelingen, eine Insolvenz abzuwenden.Häufig kündigt sich eine solche Zahlungsunfähigkeit bereits dadurch an, dass Arbeitnehmer*innen ihren Lohn nicht oder statt wie bisher nicht mehr pünktlich zur Fälligkeit, sondern plötzlich unregelmäßig oder nur noch teilweise erhalten. Dabei besteht die Gefahr, dass die ausstehenden Löhne und Gehälter unwiederbringlich verloren gehen.
Unterstützung kann hier das Insolvenzgeld leisten. Es ist aber auf drei Monate vor dem Insolvenzereignis beschränkt.
Wenn Betriebe größere Schulden haben, als durch Einnahmen oder Vermögen abgedeckt werden können. Durch staatliche Hilfen kann der Betrieb ggf. die Einnahmen steigern und damit die Überschuldung verringern. Das kann eine Insolvenz verhindern.
Forderungen von Dritten (z. B. Löhne, Rechnungen) können nicht mehr beglichen werden.
Insolvenzgeld ist eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit, welche den ausgefallenen Lohn für eine gewisse Zeit ersetzt. Es umfasst alle durch die Insolvenz ausgefallenen Nettobezüge für drei Monate vor dem eigentlichen Insolvenzereignis.
Grundsätzlich können alle Beschäftigten, die auf Grund von Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers Lohn- oder Gehaltsausfälle haben, bei der für sie zuständigen Agentur für Arbeit einen Antrag auf Insolvenzgeld stellen. Auch Minijobber*innen, beschäftigte Student*innen, Rentner, Auszubildende oder Heimarbeiter sowie Beschäftigte in Altersteilzeit während der Freistellungsphase sind anspruchsberechtigt.
Voraussetzungen sind:
Im Inland beschäftigte Arbeitnehmer*innen können auch einen Anspruch auf Insolvenzgeld haben, wenn ein Insolvenzereignis im Ausland festgestellt wird.
Den Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen, reicht noch nicht aus, sondern das Insolvenzgericht muss das Insolvenzverfahren eröffnen. Wird das Verfahren eröffnet, wird ein Insolvenzverwalter benannt, der zugleich Ansprechpartner für die bestehenden Ansprüche ist, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind.
Der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann vom Arbeitgeber selbst, vom Betriebsrat, von einem einzelnen Beschäftigten, der von einer Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers betroffen ist oder anderen Gläubigern beim Insolvenzgericht gestellt werden. Damit wird Klarheit über die tatsächliche Zahlungsfähigkeit des Arbeitgebers hergestellt. Aber: Ein solcher Antrag kann mit sehr hohen Kosten verbunden sein, vor allem, wenn das Amtsgericht einen Gutachter einschaltet. Diese Kosten werden nicht über das Insolvenzgeld abgedeckt! Daher sollten gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer, die offene und fällige Arbeitsentgelt-, Abfindungs- oder sonstige Forderungen gegen den Arbeitgeber haben, eine solche Antragstellung mit ihrer Gewerkschaft absprechen.
Wird der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse durch das Insolvenzgericht abgewiesen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dies dem Betriebsrat oder, sofern es keinen Betriebsrat gibt, den Beschäftigten unverzüglich mitzuteilen. Dann gilt das Datum der Kenntnisnahme der Abweisung als Datum des Insolvenzereignisses.
Dieses Insolvenzereignis ist möglich, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt.
Nach dem Insolvenzereignis sollte auf keinen Fall ohne Lohn weitergearbeitet werden! Nicht selten werden Beschäftigte durch ihren Arbeitgeber moralisch unter Druck gesetzt, unter
Verzicht auf den vollen Lohn weiterzuarbeiten. Häufig wird dadurch die Insolvenz nur hinausgezögert. Darüber hinaus führt das bei einer folgenden Insolvenz („Insolvenz in der Insolvenz“) zu arbeitsrechtlichen Nachteilen. Denn der Lohnanteil, auf den verzichtet wurde, wird nicht vom Insolvenzgeld erfasst und wird auch nicht bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes berücksichtigt.
Das Insolvenzgeld umfasst alle ausgefallenen Nettobezüge der letzten drei Monate, die das Arbeitsverhältnis vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch bestanden hat (das Insolvenzgeld wird anstelle der Entgeltansprüche „für“ den Insolvenzgeldzeitraum gezahlt). Ansprüche auf Arbeitsentgelt können aber nur dann einen Anspruch auf Insolvenzgeld begründen, wenn sie zeitlich dem Insolvenzgeldzeitraum zuzuordnen sind. Hierbei kommt es maßgeblich darauf an, wann das Arbeitsentgelt erarbeitet worden ist. Ausschlaggebend sind insoweit der arbeitsrechtliche Entstehungsgrund und die Zweckbestimmung der Leistung. Auf die Fälligkeit kommt es hingegen nicht an.
Zum Arbeitsentgelt im Sinne der Insolvenzgeldvorschriften gehören grundsätzlich auch:
Umfangreiche Hilfen und die Anträge, die auch online gestellt werden können, gibt es bei der Bundesagentur für Arbeit.
Erfolgt die Kündigung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist. Erfolgt die Kündigung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, beträgt die Kündigungsfrist drei Monate. Es können auch kürzere Fristen gelten, soweit diese im Arbeits- oder Tarifvertrag festgeschrieben sind. Soll gegen die Kündigung geklagt werden, gilt die übliche Drei-Wochen-Frist, um die
Klage beim Arbeitsgericht einzureichen.
Wird die Beschäftigung nicht mehr ausgeübt oder das Beschäftigungsverhältnis beendet,kann bei der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld beantragt werden, und zwar unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt wurde, Insolvenzantrag gestellt oder das Insolvenzverfahren bereits eröffnet wurde. Das bedeutet, auch wenn das Arbeitsverhältnis ohne Arbeitsleistung und ohne Lohnzahlung fortbesteht (Freistellung),kann Arbeitslosengeld bezogen werden.
Wird das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber beendet/gekündigt, besteht die gesetzliche Pflicht, sich spätestens drei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses persönlich arbeitsuchend
zu melden. Ist die tatsächliche Kündigungsfrist kürzer oder die Kündigung erst kurzfristiger ausgesprochen, muss die Meldung innerhalb von drei Tagen erfolgen. Zur Fristwahrung und um Ihnen die Arbeitsuchend Meldung zu erleichtern, bietet die Arbeitsagentur an, online unter www.arbeitsagentur.de oder aber telefonisch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitzuteilen und dann einen Termin zur persönlichen Beratung zu vereinbaren.
Falls kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht, etwa weil die Voraussetzungen nicht erfüllt sind oder der Anspruch verbraucht oder erloschen ist, sollten unverzüglich beim zuständigen
Jobcenter Leistungen der Grundsicherung (Hartz IV) beantragt werden. Wird der ausstehende Lohn später doch noch gezahlt, wird dieser ggf. auf die Ersatzleistungen angerechnet.
Wenn der Arbeitgeber aufgrund der Insolvenz keine Beiträge zur Sozialversicherung zahlt, übernimmt dies die Agentur für Arbeit. Sie entrichtet die ausstehenden Beiträge für den Insolvenzzeitraum (max. drei Monate) die Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege-, und Arbeitslosenversicherung. Das gilt auch für den Zuschuss des Arbeitgebers zur privaten Krankenversicherung.
Grundsätzlich wird die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Sechs-Wochen-Zeitraum vom Insolvenzgeld erfasst. Wird der Sechs-Wochen-Zeitraum im Insolvenzzeitraum überschritten, ist ab dem Zeitpunkt Krankengeld von der Krankenkasse zu zahlen.
Hier gelten die gleichen Regeln, wie beim Betriebsübergang (s.u.). Zusätzlich können beim Käufer des Betriebes alle rückständigen Löhne, die nicht durch das Insolvenzgeld abgedeckt sind, geltend gemacht werden. Wichtig ist aber die Information der zuständigen Agentur für Arbeit darüber.
Wenn auf Grund einer vorgesehenen Stilllegung des Betriebes bereits eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen wirksam geworden ist und es nachträglich zu einem Betriebsübergang und zur Fortführung des Betriebes oder zu einer anderen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für bereits gekündigte Beschäftigte kommt, kann ein Wiedereinstellungsanspruch
entstehen, solange die Kündigungsfrist noch wirkt. Sollte der Betriebsübergang nach Ende der Kündigungsfrist zustande kommen, gibt es keinen Wiedereinstellungs anspruch.