Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di setzt sich im Falle der US-Tochter der Deutschen Telekom dafür ein, dass dort Gewerkschaftsrechte und die Rechte der Arbeitnehmer gewahrt werden. Die IG-Metall unterstützt die US-Autogewerkschaft UWA beim Aufbau von Betriebsräten bei VW in Tennessee. Sind das nur vereinzelte Ereignisse oder ist die internationale Zusammenarbeit täglich Tagesordnung?
Bianca Kühl: Die internationale Zusammenarbeit ist für die Betriebsräte in den großen deutschen Unternehmen Alltag. Sie sind durch Weltbetriebsräte vernetzt und versuchen sich abzustimmen, gemeinsam Probleme zu lösen und bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zu erreichen. Nur wenige Fälle gelangen überhaupt an die Öffentlichkeit, die Fälle Telekom und VW sind zwei von vielen.
In unserer Umfrage auf dgb.de haben 47 Prozent geantwortet, dass es mehr weltweit geltende Regeln für Arbeitnehmerrechte braucht. Wie ist der Stand der Dinge? Gibt es internationale Abkommen und welche Rolle spielen sie?
Auf Ebene der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, gibt es acht Kernarbeitsnormen, die für alle 183 Mitgliedsländer gültig sind. Darunter sind etwa das Übereinkommen 87 zum Recht auf Vereinigungsfreiheit, es ermöglicht die Gründung von freien Gewerkschaften. Das Übereinkommen 98 zum Recht auf Kollektivverhandlungen anerkennt, dass Arbeitnehmer ihre Löhne von Gewerkschaften verhandeln lassen dürfen.
In Ländern, die nicht Mitglied der IAO sind, gelten diese Rechte nicht. Von den insgesamt 194 von den Vereinten Nationen anerkannten Staaten gehören elf nicht der Arbeitsorganisation an. Dennoch werden die Übereinkommen bis heute in vielen Staaten der Welt nicht als verbindlich angesehen. Das zeigt der jährlich erscheinende Bericht zur Verletzung der Gewerkschaftsrechte, der vom Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) herausgegeben wird.
Sollten deutsche Unternehmen neben ihren Produkten auch Arbeitnehmerrechte exportieren? Diese Frage haben 45 Prozent bejaht. Wie möchte der DGB Arbeitnehmerrechte international zur Geltung bringen?
Viele deutsche Unternehmen haben mit den internationalen Branchengewerkschaften, den sogenannten Global Union Federations (GUFs) internationale Rahmenabkommen über die Arbeitsbedingungen in ihren Produktionsstätten und Zulieferern abgeschlossen. Über diese und die Weltbetriebsräte kommt es zur Verwirklichung von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen.
Die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten auf Grundlage der 189 ILO-Übereinkommen ist für den DGB-Vorsitzenden Michael Sommer das Hauptanliegen in seiner Funktion als Präsident des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB). Denn jeder hat das Recht auf einen menschenwürdigen Arbeitsplatz und eine ausreichende soziale Absicherung, egal ob er oder sie für ein deutsches Unternehmen in Deutschland oder im Ausland arbeitet.