In Dieser Woche diskutierten Unionsparteien, FDP und Bündnis 90/Die Grünen über die künftige Finanzpolitik einer gemeinsamen Bundesregierung. Die Grundlinie scheint klar: Keine Vermögensteuer, keine neuen Schulden, dafür Steuersenkungen. Wer unten und in der Mitte entlasten und dennoch investieren will, sollte einen Blick in die steuerpolitischen Eckpunkte des DGB werfen.
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Diese Woche trafen sich die Spitzen von Unionsparteien, FDP und Bündnisgrünen, um inhaltliche Schnittmengen für die Finanzpolitik einer gemeinsamen Bundesregierung zu sondieren. Auch wenn nach wie vor Konflikte herrschen – die Grundlinie scheint klar zu sein: Keine Vermögensteuer, möglichst keine neuen Schulden, dafür Steuersenkungen, aber auch Investitionen.
Diese Pläne sind durchaus widersprüchlich. Denn Geld, das für Steuersenkungen ausgegeben wird, steht nicht mehr für dringend erforderliche Ausgaben anderenorts zur Verfügung – zumal wenn sich die Aufnahme von Krediten weitgehend verbietet. Da hilft es auch nichts, wenn FDP-Chef Christian Lindner sich die künftigen Steuereinnahmen schönrechnet und den Eindruck erweckt, dadurch stünden bis 2021 146 Milliarden Euro für Entlastungen und neue Ausgaben zur Verfügung. Die Union spricht von fiskalischen Spielräumen in Höhe von 30 Milliarden Euro. Das ist viel realistischer und bewegt sich in dem Rahmen, den auch das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) ermittelt hat.
Schaut man sich aber die Kosten der geplanten Steuersenkungen an, wird schnell klar, dass von diesen 30 Milliarden kaum etwas für notwendige Investitionen übrig bleibt. Beispiel Solidaritätszuschlag: Er würde in den kommenden vier Jahren zwischen 18 und 21 Milliarden Euro jährlich an Steuereinnahmen bringen. Aber FDP, CSU und große Teile der CDU wollen den Soli möglichst schnell abschaffen. Einem „Abbau“ haben jetzt offenbar auch die Grünen zugestimmt.
Mehr als drei Viertel des Solidaritätszuschlags kommen bislang vom einkommensstärksten Fünftel der Bevölkerung. Grafik: DGB
Der Abbau des Solidaritätszuschlags steht zudem im Widerspruch zu der Ankündigung, „die Entlastung von Familien mit Kindern sowie von Bezieherinnen und Beziehern unterer und mittlerer Einkommen“ in den Mittelpunkt zu stellen. Denn die Abschaffung des Solis nutzt vor allem Top-Verdienern: Mehr als drei Viertel seines Aufkommens kommen bislang vom einkommensstärksten Fünftel der Bevölkerung. Gemessen am aktuellen Aufkommen von 17,6 Milliarden Euro, brächte eine Abschaffung dem reichsten Zehntel der Bevölkerung eine Entlastung von 10,8 Milliarden Euro pro Jahr. Ein Ehepaar mit einem Erwerbseinkommen und zwei Kindern zahlt bis zu einem Einkommen von mehr als 52.000 Euro hingegen schon heute keinen Solidaritätszuschlag und erst ab fast 56.000 Euro den vollen Satz von 5,5 Prozent.
Da selbst Christian Lindner bekennt, dass er von Spitzenverdienern keine Forderungen nach Entlastung höre, sollten sich die künftigen Regierungsparteien reiflich überlegen, ob sie sich ohne Not in die Zwickmühle zwischen dringend erforderlichen Zukunftsinvestitionen und überzogenen Steuerversprechen begeben. Wer unten und in der Mitte entlasten und dabei dennoch in die Zukunft investieren will, dem sei auch nach der Wahl ein Blick in die steuerpolitischen Eckpunkte des DGB empfohlen.