Deutscher Gewerkschaftsbund

01.02.2013
klartext 4/2013

Brüssel fördert Privatisierung der Wasserversorgung

Die öffentliche Wasserversorgung soll nach Plänen der EU-Kommission künftig unter scharfe EU-Wettbewerbsregeln fallen. Die entsprechende Richtlinie hat jetzt das EU-Parlament passiert. Der DGB fordert von der Bundesregierung, die Privatisierungspläne im Ministerrrat noch zu verhindern.

Ist das der Dammbruch? Hat die EU-Kommission ihr Ziel erreicht - die Intensivierung des Wettbewerbs im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge? Nach Hunderten von Änderungsanträgen wurde im Binnenmarktausschuss des Europaparlaments nun über die EU-Richtlinie zur Konzessionsvergabe abgestimmt. Dabei geht es auch um langfristige Aufträge zur Bereitstellung von Wasser in Städten und Gemeinden. Die Abgeordneten, die eine weitere Liberalisierung und letztlich die Privatisierung befürchten und die Richtlinie ablehnten, waren in der Minderheit.

Argumente für Rekommunalisierung

Nun sollen auch Bereiche wie die Wasserversorgung europaweit ausgeschrieben und unter scharfe EU-Wettbewerbsregeln fallen. Die Möglichkeit der Kommunen, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge wie bisher eigene soziale Kriterien vorschreiben zu können, wird eingeschränkt. Das verfassungsrechtlich verbriefte Selbstverwaltungsrecht und die Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen geraten damit unter Druck. Eine Einladung an die Großkonzerne Europas, auch in der öffentlichen Grundversorgung das große Rad zu drehen. Zwar müssten rein kommunale Unternehmen nichts fürchten, betont EU-Kommissar Barnier immer wieder. Doch kommunale Unternehmen mit "Mischsparten", an denen auch private Konzerne beteiligt sind, haben ein Problem. Sie müssen mindestens 80 Prozent ihres Umsatzes mit Dienstleistungen für den Eigentümer, also die Kommune erbringen. Ein gutes Argument für Rekommunalisierung, denn so entginge man der Richtlinie.

Öffentliche Dienstleistungen nach Privatisierung oft teurer

Die Gewerkschaften waren von Anfang an gegen die Richtlinie. Schlechtere Arbeitsbedingungen könnten die Folge sein. Zu befürchten ist, dass hiesige Tarifverträge wegen der EU-Rechtsprechung („Rüffert-Urteil“) nicht mehr angewendet werden müssen. Stattdessen sind nur noch gesetzliche (Branchen-)Mindestlöhne oder für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge verpflichtend. Wenn künftig Private hohe Gewinne einfahren wollen, droht zudem die Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge zu leiden. Beispiel Wasser: Kommunale Versorger kümmern sich oft um umfassenden Wasserschutz über das Soll hinaus. So ist Wasser aus dem Hahn in Deutschland meistens ein Top-Nahrungsmittel. In weiten Teilen Frankreichs macht erst ein Filter das gechlorte Nass der Privaten genießbar – trotz eingehaltener Mindestanforderungen. Leidvolle Erfahrungen zeigen: Es wird für die VerbraucherInnen meist teurer, wenn Dienstleistungen privatisiert werden.

Grafik kommunale Wasserversorgung

Die überwältigende Mehrheit der Deutschen ist gegen die Pläne der EU-Kommission für die kommunale Wasserversorgung. Das ergab eine Umfrage im Auftrag des Verbands kommunaler Unternehmen im Herbst 2012. Grafik: DGB, Zahlen: forsa-Umfrage

Ist es zu spät, diese Flut an Nachteilen für Beschäftigte, VerbraucherInnen, Kommunen und Umwelt aufzuhalten? Immerhin: In der letzten Woche haben endlich auch die Medien das Thema verstärkt aufgegriffen. Eine Welle der Empörung gegen die Privatisierungspolitik hat die europäische Bürgerinitiative „Wasser ist ein Menschenrecht“ ins Rollen gebracht. Aber es fehlen noch Tausende von Unterschriften.

Der DGB fordert die Bundesregierung auf, im Ministerrat keiner Regelung zuzustimmen, die die öffentliche Wasserversorgung unter die neuen EU-Wettbewerbsregeln stellen will. Zudem müssen soziale Standards und Tariftreue rechtssicher im europäischen Vergaberecht geregelt werden, um auch im Bereich der Konzessionsvergabe Lohndumpingprozesse zu vermeiden. Jetzt sollten alle Befürworter eines sozialen Europas zusammenhalten: Steter Tropfen höhlt den Stein!


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