Der Mindestlohn ist ein Erfolg: Besonders Geringqualifizierte, Beschäftigte in Niedriglohnbranchen in Ostdeutschland und MinijobberInnen profitieren von der gesetzlichen Lohnuntergrenze. Die Bundesagentur für Arbeit prognostiziert in diesem Jahr rund 60.000 AufstockerInnen weniger – dank des Mindestlohns.
Der Mindestlohn ist acht Monate alt. Zeit für eine Zwischenbilanz. Zeit zu überprüfen, ob sich all die Unken-Rufe bewahrheitet haben, die vor der Einführung des Mindestlohns von Kritikern ausgestoßen wurden.
Im Durchschnitt stiegen die Löhne nach der Einführung des Mindestlohns in Deutschland um etwa 0,25 Prozent, in Ostdeutschland um 1,75 Prozent. Quelle: Deutsche Bundesbank/Statistisches Bundesamt; Eigene Darstellung
Die Antwort: Nein. Bei allem, was noch verbessert werden kann und muss, ist der Mindestlohn ein Erfolg! Das belegen auch erste Auswertungen verschiedener Institute. Nach Berichten der Deutschen Bundesbank kommt der Mindestlohn besonders Geringqualifizierten zu Gute, Beschäftigten in Niedriglohnbranchen in Ostdeutschland sowie vermutlich den Minijobber/-innen in ganz Deutschland. Für sie liegen noch keine Zahlen vor.
Es sind gerade die Löhne der Un- oder Angelernten in Ostdeutschland im Winter 2015 um bis zu 9,3 Prozent gestiegen und damit doppelt- bis dreifach so stark wie die Löhne in höheren Leistungsgruppen. Nach derzeitigen Erkenntnissen (ohne Minijobber/-innen) sind in Ostdeutschland die Löhne insgesamt um 1,75 Prozent gestiegen, in ganz Deutschland um etwa 0,25 Prozent. Kommen die geringfügig Beschäftigten hinzu, könnte sich der Wert für Deutschland insgesamt sogar verdoppeln.
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit wird es in diesem Jahr rund 60.000 Aufstocker/-innen weniger geben – dank des Mindestlohns. So betrug die Zahl derjenigen, die ergänzend zu ihrem kargen Lohn ALG II beziehen mussten, im März 2014 noch 1,29 Millionen und ein Jahr später nur noch 1,23 Millionen. Der Mindestlohn kostet auch keine Jobs: Zwar ging die Zahl der geringfügig Beschäftigten im 1. Quartal 2015 um rund 200.000 Stellen zurück, zugleich aber entstanden mehr sozialversicherungspflichtige Jobs. Und zwar auch in den Branchen des Dienstleistungsbereichs, die zuvor typische Minijob-Branchen waren. Vermutlich wurden Minijobs zusammengelegt und in sozialversicherungspflichtige Stellen umgewandelt.
Die Verbraucherpreise sind durch den Mindestlohn bisher moderat gestiegen. Preissteigerungen gab es vor allem im Osten, dort im Taxigewerbe und in der Gastronomie. Im Friseurhandwerk, wo seit 01.11.2013 ein Branchenmindestlohn existiert, der stufenweise bis August 2015 auf 8,50 Euro pro Stunde gestiegen ist, sind die Preise allmählich angehoben worden. Alles verkraftbar für die Konsument/-innen.
Allerdings ist es kontraproduktiv, dass der Gesetzgeber besonders auf Druck der CSU und Teilen der CDU die Pflichten zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten per Verordnung weiter verwässert hat. Besonders bedenklich: Die Herabsetzung des Schwellenwertes auf 2.000 Euro, wenn den Beschäftigten der Lohn in dieser Höhe durchgehend in den 12 Monaten zuvor gezahlt wurde. Mit möglichen Überstunden- und sonstigen Zuschlägen zum Mindestlohn landet man rasch über 2.000 Euro. Doch diese Beschäftigten fallen nun durch das Kontrollraster, weil für sie keine Aufzeichnungspflicht mehr besteht.
„Kommt der Mindestlohn überall an?“ fragen wir auf der DGB-Zwischenbilanz-Veranstaltung am 15.09.2015 in Berlin