13.000 neue Stellen hat Gesundheitsminister Jens Spahn mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz versprochen. Aber bislang sind wegen Bürokratie und Fachkräftequote nur 125 davon bewilligt – erfolgreich besetzt vermutlich noch weniger. Das angepriesene Sofortprogramm ist ein Rohrkrepierer, die Situation in der Pflege bleibt katastrophal.
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Im Wettrennen um die dringend benötigten Fachkräfte zeigt aber trotzdem manche Einrichtung, dass es auch anders geht. Zum Beispiel die kommunale Senioreneinrichtung Heiligen Geist Hospital in Lübeck, in der die tariflich bezahlten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über ihre Dienstpläne mitentscheiden, sich keine unbezahlte Überstundenberge anhäufen und Schichtarbeit mit extra Freizeit ausgeglichen wird.
Auch ein gutes Beispiel ist der ganzheitliche Ansatz des ambulanten Dienstes Buurtzorg – das bedeutet „Nachbarschaftshilfe“ – aus den Niederlanden. Das Prinzip ist einfach: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen und die Pflegefachkräfte das tun können, was sie lieben, dann sind Patienten gut versorgt und Angehörige zufrieden. Für viele ist die Pflege schließlich kein Beruf, sondern eine Berufung. Dem trägt das Konzept Rechnung. Zentral ist das Vertrauensverhältnis zwischen pflegebedürftigem Menschen und Personal, Teams gestalten die Pflege in ihrem Einzugsgebiet selbstständig, sorgen für ein Unterstützernetzwerk im persönlichen Umfeld und behalten dabei die Unabhängigkeit der Pflegebedürftigen im Blick.
Angesichts solcher Leuchttürme fragt man sich: Was haben private Profite und Shareholderinteressen überhaupt in der Pflege verloren, deren Leistungen aus Sozialversicherungsbeiträgen finanziert werden? Die Antwort lautet: Nichts. Das Geld wird dringend woanders gebraucht. Wer den Pflegenotstand lösen will, wer Fachkräfte sucht, der muss für gute Arbeitsbedingungen, auskömmliche Löhne, hohe Qualität, gute Personalschlüssel und geringere Belastungen für Angehörige sorgen, statt auf kurzfristige Rückkehr- und Wechselprämien zu setzen. Tarifverträge sind das A und O und müssen über die Kassen in vollem Umfang refinanziert werden. Wenn Arbeitgeber aber weiter auf Schmutzkonkurrenz setzen und Tarifflucht begehen, brauchen sie sich nicht wundern, wenn der Gesetzgeber eingreift und verbindlich dafür sorgt, dass in Zukunft ein Tarifvertrag für alle gilt!
von Annelie Buntenbach
Dieser Artikel ist erstmals am 2.September 2019 in der Frankfurter Rundschau erschienen.
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Annelie Buntenbach ist Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes. Sie schreibt regelmäßig als Autorin für die Kolumne Gastwirtschaft der Frankfurter Rundschau.