DGB Tarifflucht-Bilanz 2025
Der Schaden ist enorm, die Tarifbindung muss steigen
Studie / Analyse17. September 2025
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Verluste in Milliardenhöhe: Tarifflucht und Lohndumping verursachen enormen finanziellen Schaden!
Weniger Steuereinnahmen, weniger Zahlungen in die Sozialversicherung, weniger Kaufkraft: Durch Tarifflucht und Lohndumping entgehen Deutschland jedes Jahr Beiträge in Milliardenhöhe. Rechnet man alle Kosten zusammen, beträgt dieser finanzielle Schaden insgesamt 123 Milliarden Euro.
Menschen ohne Tarifvertrag haben geringere Gehälter. Geringere Einkommen bedeuten gleichzeitig immer weniger Einzahlungen in die Sozialversicherungen – also geringere Einnahmen bei der Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung. Auch die Steuereinnahmen durch die Einkommensteuer fallen geringer aus. Mit unserer Tarifflucht-Bilanz haben wir diese Kosten der Tarifflucht berechnet.
Durch Tarifflucht und Lohndumping entgehen den Sozialversicherungen in Deutschland jährlich rund 41 Milliarden Euro an Beiträgen. Bund, Länder und Kommunen nehmen aus demselben Grund circa 24 Milliarden Euro weniger Einkommensteuer ein. Die mangelnde Tarifbindung wirkt sich darüber hinaus unmittelbar auf die Kaufkraft der arbeitenden Bevölkerung aus: Mit einer flächendeckenden Tarifbindung hätten die Beschäftigten insgesamt rund 58 Milliarden Euro mehr pro Jahr im Portemonnaie.
Tarifbindung steigt auf
% Steigerung bringt:
+ Milliarden Euro
mehr Geld für alle
+ Millionen
mehr Menschen mit Tarifvertrag
Wenn die Tarifbindung steigt, wirkt sich das an vielen Stellen aus – und betrifft dein Leben ganz konkret. Du hast jeden Monat mehr Geld auf dem Konto, die Steuereinnahmen steigen und es fließt mehr Geld in die Sozialversicherung.
% mehr Tarifbindung entsprechen:
Milliarden Euro mehr Einkommen für die Beschäftigten
Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen
Milliarden Euro mehr Beiträge zur Sozialversicherung
Was das für dich bedeutet? Wir haben da ein paar Beispiele:
Einkommen
+
Mallorca-Urlaube
Steuereinnahmen
Alles über die Daten, Berechnungsgrundlage und weitere Hintergründe findest Du hier.
Der Rechner macht die abstrakten Milliardensummen greifbar, indem er sie in alltägliche Vergleiche übersetzt. Durch die großen Summen kann es zu Rundungsabweichungen in den Beispielen kommen.
Mallorca-Urlaube: Hier rechnen wir mit durchschnittlichen Urlaubskosten von 1.544 Euro pro Person (basierend auf der Tourismusanalyse der Stiftung für Zukunftsfragen 2024). Das sind die durchschnittlichen Ausgaben für alle Reisearten ab 5 Tagen. Bei Familien oder Mehrpersonenhaushalten vervielfacht sich dieser Betrag entsprechend. Der Mallorca-Urlaub für 2 Personen steht in unserem Rechner stellvertretend für alle Arten von Urlaub, die diese Bedingungen erfüllen.
Schulen: Als Beispiel nehmen wir eine typische fünfzügige Grundschule mit 2.000 m² Hauptnutzfläche. Die Baukosten kalkulieren wir mit 4.853 Euro pro Quadratmeter (nach den aktuellen Richtwerten aus Rheinland-Pfalz), was etwa 9,7 Millionen Euro pro Schule entspricht. Diese Kosten können je nach Region und Ausstattung variieren.
Mehr Rente: Hier geben wir an, wie viel zusätzliche Rente pro Jahr für jede*n Rentner*in finanziert werden könnte, wenn das durch höhere Tarifbindung eingenommene Geld komplett in die Gesetzliche Rentenversicherung fließen würde. In der Realität werden die Sozialversicherungsausgaben noch für andere wichtige Leistungen verwendet, wie beispielsweise die Pflege- und Krankenversicherung. Um das Beispiel anschaulich zu machen, bleiben wir bei der Rente. Wir teilen die Mehreinnahmen durch die rund 21,5 Millionen Rentner*innen in Deutschland und rechnen den Krankenversicherungszuschuss der Deutschen Rentenversicherung heraus.
Diese Beispiele verdeutlichen: Mehr Tarifbindung bringt nicht nur den Beschäftigten selbst mehr Geld, sondern stärkt auch die öffentlichen Kassen und damit die Gesellschaft als Ganzes.
Die Zahlen beziehen sich auf ganz Deutschland. Der Rechner basiert auf bundesweiten Daten, berücksichtigt aber regionale Unterschiede bei Löhnen und Tarifbindung in den einzelnen Bundesländern.
Der Schaden ist enorm, die Tarifbindung muss steigen
Studie / Analyse17. September 2025
Datei herunterladenTarifflucht und Lohndumping verursachen enormen finanziellen Schaden
Studie / Analyse04. September 2023
Datei herunterladenImmer weniger Menschen arbeiten mit Tarifvertrag. Die Tarifbindung sinkt. Dadurch haben Beschäftigte viele Nachteile: weniger Geld und weniger Sicherheit. Wir sagen dieser Entwicklung den Kampf an – zusammen mit unseren Gewerkschaften – und starten für dich und mit dir die Kampagne #Tarifwende!
Auswertung 2025 | |
Mindereinnahmen der Sozialversicherungen | 41,4 Milliarden Euro |
Mindereinnahmen bei der Einkommensteuer für Bund, Land und Kommunen insgesamt | 24,2 Milliarden Euro |
Kaufkraftgewinn, wenn Beschäftigte tarifgebunden wären | 57,8 Milliarden Euro |
Betrachtet über ganz Deutschland und über alle Branchen hinweg bedeutet das unter dem Strich, dass Beschäftigte, die keinen Tarifvertrag haben, jährlich 2.891 Euro netto weniger haben als Tarifbeschäftigte.
Addiert man alle Kosten zusammen, also die Mindereinnahmen bei den Sozialversicherungen, dem Fiskus und im Geldbeutel der Beschäftigten, ergibt sich ein Schaden von 123 Milliarden Euro pro Jahr. Die gesamten Kosten der Tarifflucht summieren sich im Osten auf mehr als 27 Milliarden Euro und im Westen auf 97 Milliarden Euro.
Auswertung 2025 | |
Mindereinnahmen der Sozialversicherungen | 9 Milliarden Euro |
Mindereinnahmen bei der Einkommensteuer für Bund, Land und Kommunen insgesamt | 5 Milliarden Euro |
Kaufkraftgewinn, wenn Beschäftigte tarifgebunden wären | 12,7 Milliarden Euro |
Den Beschäftigten im Osten entgehen jährlich knapp 13 Milliarden Euro netto an Kaufkraft. Pro Arbeitnehmer*in, die/der nicht zu einem Tarifvertrag arbeitet, macht dies ein jährliches Netto-Minus von 3.451 Euro aus.
Auswertung 2025 | |
Mindereinnahmen der Sozialversicherungen | 32,4 Milliarden Euro |
Mindereinnahmen bei der Einkommensteuer für Bund, Land und Kommunen insgesamt | 19,2 Milliarden Euro |
Kaufkraftgewinn, wenn Beschäftigte tarifgebunden wären | 45,2 Milliarden Euro |
Im Westen summiert sich der Nettoverlust gesamtwirtschaftlich auf mehr als 45 Milliarden Euro. Ohne Tarifschutz hat ein Beschäftigter oder eine Beschäftigte im Westen 2.765 Euro weniger in der Tasche.
Quelle: Eigene Berechnungen DGB auf Basis Verdiensterhebung (VE) des Statistischen Bundesamtes, Stand April 2024.
DGB/Simone M. Neumann
Mit einer flächendeckenden Tarifbindung hätten die Beschäftigten insgesamt rund 58 Milliarden Euro mehr pro Jahr im Portemonnaie.
Für uns ist klar: Diese Entwicklung wollen und dürfen wir nicht länger hinnehmen, wenn wir unser Sozial- und Wirtschaftsmodell erhalten wollen. Wir brauchen mehr Tarifverträge in der Fläche, im Unternehmen und im Betrieb.
Die Bundesregierung hat sich für die laufende Legislatur in ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet, für mehr Tarifbindung und Tarifanwendung zu sorgen:
Diese Punkte müssen jetzt endlich auch auf den Weg gebracht werden.
Zusätzlich zu den bisherigen Plänen der Bundesregierung brauchen wir weitere gesetzliche Regelungen – beispielsweise um Tarifverträge besser für alle Unternehmen allgemeinverbindlich zu machen. Zudem braucht es neue Regeln für die Fortgeltung von Tarifverträgen bei Betriebsausgliederungen.
Die EU-Mindestlohn-Richtlinie sieht vor, dass Mitgliedsstaaten, in denen die Tarifbindung unter 80 Prozent liegt, nationale Aktionspläne zur Stärkung der Tarifbindung vorlegen müssen. Die Bundesregierung hat bis Ende dieses Jahres Zeit, diese Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen.
Mangelnde Tarifbindung kommt die Allgemeinheit teuer zu stehen! Tarifbeschäftigte haben höhere Einkommen als Nichttarifbeschäftigte. Geringere Einkommen dagegen bedeuten: weniger Einzahlungen in die Sozialversicherungen (Arbeitslosen-, Renten-, Krankenversicherung) und weniger Steuereinnahmen (Einkommensteuer). Wir haben berechnet, wie hoch diese Kosten sind und das in einem interaktiven Tool visualisiert.
Für die aktuelle Auswertung haben wir exklusives Datenmaterial der Verdiensterhebung (VE) des Statistischen Bundesamtes erhalten. Die Daten zeigen die Anzahl der nach Tarif bezahlten und nicht nach Tarif bezahlten Beschäftigten und deren Verdienste, sowohl bei Vollzeit- als auch Teilzeitbeschäftigung, pro Bundesland. Das zugrundliegende Datenmaterial wurde als Sonderauswertung nur dem DGB zur Verfügung gestellt. Referenzzeitpunkt der Datenerhebung ist April 2024. Die eigentlichen Berechnungen erfolgten dann durch den DGB.
Wir untersuchen, wie hoch die Mehreinnahmen bei Einkommensteuern und Sozialabgaben bei einer "100 Prozent Tarifbindung" ausfallen würden. Dabei gehen wir davon aus, dass durchschnittlich nicht tarifgebundene Beschäftigte den/das gleichen Lohn/Gehalt erhalten (würden) wie die durchschnittlich tarifgebundenen Beschäftigten (differenziert nach Voll- und Teilzeit und im jeweiligen Bundesland).
Um den Vergleich zum Status quo herzustellen, haben wir mithilfe eines Steuerrechners berechnet, wie hoch die individuellen Beiträge einerseits der tarifgebundenen und andererseits der nicht tarifgebundenen Beschäftigten zu den Sozialversicherungen und zur Einkommensteuer sind und wie hoch der Nettolohn ist.
Die Ergebnisse wurden dann über alle Beschäftigten addiert. Unter Annahme, dass alle Beschäftigten nach Tarif bezahlt werden, wurden dann die gesamten Sozialversicherungseinzahlungen, Steuereinnahmen und das Gesamt-Netto berechnet und mit der vorherigen Situation verglichen.
Bei der Berechnung der Mehreinnahmen bei Einkommensteuer und Sozialversicherung wurde berücksichtigt, wie sich die Beschäftigten nach der Einkommensteuerstatistik auf die jeweiligen Steuerklassen (I-V) verteilen, um möglichst realistische Zahlen zu gewinnen: etwa 51 Prozent in Steuerklasse I, 2 Prozent in Steuerklasse II, 23 Prozent in Steuerklasse III, 15 Prozent in Steuerklasse IV, 9 Prozent in Steuerklasse V (gemäß der Steuerklassenverteilung, Quelle: BMF)
Zusätzliche Annahmen: 1 Kinderfreibetrag, keine Kirchensteuer, ohne geringfügige Beschäftigung