Deutscher Gewerkschaftsbund

08.04.2020
klartext 13/2020

Corona-Krise: Kein Einfallstor für dauerhafte Deregulierung bei Banken

Die Corona-Epidemie stellt uns vor nie dagewesene wirtschaftliche Herausforderungen. Die Folgen könnten noch schlimmer werden als bei der Finanz- und Wirtschaftskrise vor über 10 Jahren. Auch wenn die Banken die aktuelle Krise nicht zu verantworten haben, müssen sie jetzt entsprechend ihrer gesellschaftlichen Bedeutung in die Pflicht genommen werden.

Hochhäuser im Geschäftsviertel im Sonnenschein

DGB/rclassenlayouts/123rf.com

Gravierender als die letzte Finanz- und Wirtschaftskrise

Die Corona-Krise stellt uns vor nie dagewesene Herausforderungen. Wie lange sie anhält, ist derzeit nicht absehbar. Es ist wahrscheinlich, dass die ökonomischen Verwerfungen gravierender werden als in der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise vor über 10 Jahren. Damals fand die Krise ihren Ursprung im Bankensektor, von wo sie dann auf große Teile der Realwirtschaft übergriff. Heute nun, unverschuldet durch einen unvorhersehbaren Schock, ist in erster Linie die Realwirtschaft betroffen.

Erste Rufe nach Deregulierung

Doch ein Übergreifen auf den Bankensektor liegt in der Luft, da zunehmend mehr Unternehmen und Haushalte Probleme haben werden, ihre Kredite zurückzuzahlen. Erste Anzeichen gibt es bereits. Und schon werden auch die Rufe aus der Branche nach Deregulierung lauter. Und erste regulatorische Maßnahmen wurden bereits zurückgedreht.

Deregulierung darf kein Dauerzustand werden

So wurden bestehende Offenlegungs- und Berichtspflichten teilweise ausgesetzt, der Stresstest, der die Krisenanfälligkeit der Banken unter die Lupe nehmen soll, auf das kommende Jahr verschoben sowie Regeln für Eigenkapital und sogenannte notleidende Kredite vorübergehend gelockert. Die Deregulierung kann die Banken aktuell bei der Kreditvergabe entlasten, darf aber keineswegs zum Dauerzustand werden.

Wir brauchen krisenfeste Banken

Was wir vielmehr benötigen, sind gut aufgestellte, krisenfeste Banken. Denn den Banken kommt in der aktuellen Krise eine wichtige Rolle zu. Die staatlichen Liquiditätshilfen, die die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den Unternehmen zur Verfügung stellt, werden über die jeweiligen Hausbanken abgewickelt. Bereits jetzt wurden rund 11 Milliarden Euro an Unternehmenskrediten ausgezahlt oder genehmigt und damit mehr als in den Jahren zuvor (siehe Abbildung). Die KfW schätzt, dass im Zuge der Krise, die Unternehmen Kredite in Höhe von 50 Milliarden Euro nachfragen werden.

 

Grafik:KfW Unternehmenskredite in Milliarden Euro ab 2012 bis heute

* Daten bis 3. Q. verfügbar; hochgerechnet auf das Gesamtjahr **Stand 02.04.2020
Quelle: KfW; eigene Berechnungen.

Der Staat haftet für Unternehmenskredite

Die staatliche Haftung für Unternehmenskredite wurde zuletzt deutlich angehoben, für Kredite in mittlerer Höhe haftet der Staat jetzt sogar zu 100 Prozent. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Hausbank, die die Mittel an die Unternehmen weiterleiten soll, kaum oder gar kein Risiko trägt. Nichtsdestotrotz mehren sich Berichte, dass Banken dringend notwendige Kredite an betroffene Unternehmen nicht vergeben, da die damit notwendige Risikoprüfung aufwendig und ihnen das verbleibende Risiko noch zu hoch sei.

Banken in die Pflicht nehmen

Aber klar muss sein: Banken müssen in der aktuellen Lage entsprechend ihrer gesellschaftlichen Bedeutung in die Pflicht genommen werden. Sie waren es immerhin selbst, die vor mehr als 10 Jahren eine von ihnen verursachte Wirtschaftskrise auslösten und von der Allgemeinheit – auch mit Steuermitteln der nun in Not Geratenen – gerettet wurden.

Aktuelle Lage nicht missbrauchen

Klar muss auch sein, dass die nun ergriffenen regulatorischen Erleichterungen lediglich temporär und für die Phase der Krise gelten dürfen. Auf keinen Fall darf die aktuelle Lage als Einfallstor für dauerhafte Deregulierung im Bankensektor missbraucht werden. Regulierung ist nicht für Schönwetter-Phasen gedacht. In Krisenzeiten zeigt sich ihre Wirkung. Zudem muss es den Banken untersagt werden, die Lockerungen für Aktienrückkäufe oder Dividendenzahlungen zu verwenden.

 


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