Die Europäische Kommission kritisiert Deutschlands niedriges öffentliches Investitionsniveau und mahnt mehr Investitionen in Bildung und Infrastruktur an. Der DGB fordert das schon seit Jahren. Doch mit ihren Äußerungen zur Steuerpolitik liegt die EU-Kommission falsch, schreibt der DGB-klartext.
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Schon vor zwei Wochen hat die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, die Bundesregierung aufgefordert, die Staatsausgaben im Falle eines konjunkturellen Abschwungs zu erhöhen. Nun schlägt die Europäische Kommission in ihrem Länderbericht in die gleiche Kerbe: Das öffentliche Investitionsniveau in Deutschland sei zu niedrig, heißt es in dem Bericht, der den Beginn des diesjährigen Europäischen Semesters zur Koordinierung der europäischen Wirtschaftspolitik einleitet. Notwendig seien vor allem mehr Investition in den Bereichen Bildung und Infrastruktur.
Die EU-Kommission hat Recht! Der DGB fordert seit Jahren eine ambitionierte öffentliche Investitionsagenda. Nicht nur der schlechte Zustand einer jahrzehntelag vernachlässigten Infrastruktur, auch aktuelle Herausforderungen, wie die Digitalisierung, der demographische Wandel, die Energiewende und andere Elemente des Strukturwandels, schaffen einen dringenden Handlungsbedarf für die öffentliche Hand.
Die Bundesregierung reagiert auf den öffentlichen Druck bislang eher zögerlich und beschwichtigend. Sie verweist darauf, dass die Investitionsausgaben des Bundes in den letzten Jahren gestiegen sind und unterstreicht, dass diese bis 2021 auf ein Rekordniveau von 154,5 Milliarden Euro erhöht werden.
Quelle: Eurostat
Das mag zwar stimmen, gemessen an den Bedarfen sind die geplanten Investitionsausgaben aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Beispiel sozialer Wohnungsbau: Die Bundesregierung plant, zwischen 2017 und 2021 insgesamt 100.000 Sozialwohnungen zu schaffen, obwohl diese Zahl eigentlich jedes Jahr erreicht werden müsste, um das Problem fehlenden bezahlbaren Wohnraums anzugehen. Die Bundesregierung stellt dafür ab 2020 eine Milliarde Euro jährlich zur Verfügung. Im Vergleich zu den Vorjahren stellt das allerdings eine Kürzung der Fördermittel um eine halbe Milliarde Euro jährlich dar. Nach Ansicht des DGB würden ohnehin Fördermittel in Höhe von sieben Milliarden Euro jährlich benötigt, die von Bund und Ländern gemeinsam aufbringen müssten.
Schaut man sich den Anteil der öffentliche Bruttoinvestitionen an der Wirtschaftsleistung an, zeigt sich: Der deutsche Staat investiert deutlich weniger als andere europäische Länder. Die Investitionsquote ist in den letzten Jahren zwar leicht gestiegen, bleibt aber deutlich unterhalb des Eurozonendurchschnitts (siehe Grafik). Bei den Investitionsausgaben des Bundes besteht also noch viel Luft nach oben.
Die EU-Kommission hat also Recht, wenn sie Deutschland zu mehr Investitionen auffordert. Falsch liegt sie aber mit ihren Äußerungen zur Steuerpolitik: Die Strategie die Unternehmenssteuern weiter zu senken, um private Investitionen anzukurbeln, ist nicht zielführend und würde die Staatskasse empfindlich treffen. Eine Erhöhung der Verbrauchsteuern wäre sozial ungerecht, da untere Einkommensgruppen davon besonders betroffen wären.