In der gesamten Welt und besonders in Deutschland ist das Vermögen sehr ungleich verteilt. So besitzt das reichste Prozent der hiesigen Bevölkerung rund ein Drittel des Gesamtvermögens. Das gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ein gerechtes Steuersystem, wie das des DGB, wäre ein erster Schritt hin zu einer fairen Vermögensverteilung.
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Unfassbar: 81 Milliardär*innen besitzen mehr Vermögen als die untere Hälfte der Weltbevölkerung, also gut vier Milliarden Menschen. Das reichste Prozent erhielt zwei Drittel des seit 2020 neu generierten Vermögens, während 90 Prozent der Menschen lediglich ein Zehntel des Zuwachses auf sich verbuchen konnten. Diese Zahlen veröffentlichte die Entwicklungsorganisation Oxfam in ihrem Ungleichheitsbericht in dieser Woche – traditionell vor Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos.
Besonders in Deutschland ist das Vermögen sehr ungleich verteilt. So besitzt das reichste Prozent der hiesigen Bevölkerung rund ein Drittel des Gesamtvermögens, die untere Hälfte gerade einmal 2,5 Prozent (siehe Grafik). Angesichts der hohen Inflation ist zu erwarten, dass die ärmere Bevölkerungshälfte bald sogar noch schlechter dasteht. Denn bei diesen Menschen besteht Vermögen oft nicht aus Immobilien oder Betriebsvermögen, sondern aus Geld auf Sparkonten. Auf diese Spareinlagen musste nun aber oftmals zurückgegriffen werden, um die gestiegenen Rechnungen zu begleichen.
Eine hohe Vermögensungleichheit und zunehmende Vermögenskonzentration sind keine Naturgesetze! Es gibt eine Vielzahl von Stellschrauben, an denen gedreht werden kann, um mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Hohe Ungleichheit ist nicht nur eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie befördert oft Finanzspekulation statt Investitionen in die Realwirtschaft und schadet deshalb auch einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung.
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Mitbestimmung, Tarifbindung und Mindestlohn sind entscheidende Faktoren, wenn es um die Verteilung zwischen Löhnen und Gehältern einerseits und Unternehmens- und Vermögenseinkommen andererseits geht. Dafür braucht es starke Gewerkschaften. Klar ist aber auch: Die Vermögenskonzentration ist inzwischen so groß, dass sie direkt angegangen werden muss.
So fordert der DGB seit Jahren ein gerechteres Steuersystem und hat hierfür ein eigenes Konzept entwickelt, durch welches sehr hohe Einkommen und Vermögen gemessen an ihrer Leistungsfähigkeit mehr zum Allgemeinwesen beitragen. Hierzu zählen z. B. die Wiedererhebung der Vermögensteuer, die Abschaffung von Privilegien in der Erbschaft- und Schenkungsteuer und eine stärkere Besteuerung von Kapitaleinkommen.
Wie ungerecht der steuerpolitische Status Quo ist, zeigen auch neue Berechnungen des Netzwerk Steuergerechtigkeit: Danach hat ein Millionär mit einem Einkommen von 1,6 Millionen Euro beispielsweise eine Steuer- und Abgabenquote von 24 Prozent, während sie für ein Paar, das zusammen 110.000 Euro verdient, bei 43 Prozent liegt. Zudem tragen Erbschaften und Vermögen lediglich 1,1 Prozent zum gesamten Steueraufkommen bei, während Lohnsteuer und Mehrwertsteuer mit jeweils knapp 30 Prozent den größten Teil ausmachen.
Angesichts der großen gesellschaftlichen Herausforderungen, wie dem demografischen Wandel, der sozial-ökologischen Transformation der Wirtschaft oder dem Fachkräftemangel, können wir uns Steuerprivilegien für Reiche nicht mehr leisten. Die öffentliche Hand braucht Einnahmen – für eine moderne Infrastruktur, gute Bildung und eine intakte Umwelt, von der alle profitieren.
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Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.
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