Durch die monatelangen Fanproteste wurde der Einstieg von Finanzinvestoren im deutschen Profifußball gestoppt. Doch was im Fußball vorerst ausbleibt, ist in vielen Bereichen der Wirtschaft bereits Realität: Investoren kaufen sich in Unternehmen ein, mit zum Teil schweren Folgen für die Beschäftigten. Das Foulspiel von profitgierigen Finanzinvestoren muss endlich beendet werden.
Die deutschen Fußballfans haben einen Sieg errungen, der weit über die Fußballfangemeinschaft relevant ist: Durch monatelange Proteste ist es ihnen gelungen, den Trend der Finanzialisierung, also die zunehmende Einflussnahme von Finanzinvestoren, im Profifußball zu stoppen.
Viele Clubs und Ligen außerhalb Deutschlands haben bereits ihre Tore für Investor*innen weit geöffnet. Auch in Deutschland mischen Finanzinvestoren in einzelnen Vereinen mit. In den letzten Jahren haben viele Bundesligisten Kapitalanteile an Investor*innen veräußert. Mit der 50+1-Regel, die den Mitgliedern eines Fußballvereins immer eine Mehrheit der Stimmanteile und somit Mitbestimmung garantiert, ist die Möglichkeit der Einflussnahme von Finanzinvestor*innen in der Bundesliga allerdings begrenzt. Nun wollte die Deutsche Fußballliga (DFL) den Einstieg von Finanzinvestoren ermöglichen. Dafür sollten nicht Vereinsanteile, sondern Teile der gemeinsamen Medienrechte der 1. und 2. Bundesliga verkauft werden. Das Vorhaben wurde aufgrund der Proteste der Fans vorerst gestoppt. Und das zu Recht!
Das Problem ist: Die Interessen der Finanzinvestor*innen passen langfristig meist nicht zu denen der Fans und Sportler*innen. Einerseits ermöglichen sie Vereinen zwar, sich kurzfristig schneller und erfolgreicher zu entwickeln. Andererseits kann ihre finanzielle Einflussnahme jedoch auch dazu führen, dass der sportliche Erfolg zugunsten kurzfristiger Gewinne vernachlässigt wird. Die Vereine können sogar in finanzielle Schwierigkeiten geraten, wie Beispiele aus anderen Ländern zeigen. Zudem stand mit der Abtretung der Medienrechte an die Finanzinvestoren eine weitere Zerklüftung des Spielplans im Raum.
DGB/Quelle: Finanzwende Recherche
Der Profifußball ist nur ein Lebensbereich unter vielen, der zunehmend der Logik des Finanzmarktes unterworfen wird. Der Trend der Finanzialisierung erfasst mittlerweile weite Bereiche der Wirtschaft – sei es im verarbeitenden Gewerbe, im Handel oder der IT-Wirtschaft. Auch Bereiche der Daseinsvorsorge sind betroffen (siehe Grafik). Verschiedene Studien der Bürgerbewegung Finanzwende zeigen den Machtzuwachs von Finanzinvestoren in den Bereichen Pflege, Gesundheit, Wohnen und Wasser.
Zentrale Akteure in diesem Prozess sind Private Equity Firmen: Dabei handelt es sich um Unternehmen, die Gelder von Dritten in einem Fonds bündeln – zum Beispiel von Pensionsfonds oder vermögenden Privatpersonen. Für diese legen sie die Gelder mit dem Versprechen auf hohe Renditen an. Sie kaufen Unternehmen in jedem beliebigen Sektor auf. Eine gängige Technik dieser Finanzakteure ist es, den Kauf von Unternehmen durch hohe Kredite zu finanzieren. Die daraus resultierenden Schulden werden dann direkt auf die Unternehmen übertragen.
Ein Aufkauf führt deshalb oft dazu, dass die Unternehmen Kreditzahlungen plus Zinsen zusätzlich erwirtschaften müssen. Der Fokus auf die kurzfristige Profitmaximierung hat häufig negative Auswirkungen, wie der Private Equity Monitor der Hans-Böckler-Stiftung zeigt: Mehr Druck auf die Beschäftigten, Arbeitsplatzabbau, mehr Schulden, weniger Eigenkapital und daher ein höheres Insolvenzrisiko für Unternehmen sind die Folge. Höchste Zeit also, dass das Foulspiel von profitgierigen Finanzinvestoren nicht nur im Fußball, sondern auch in anderen Bereichen beendet wird.
DGB/hqrloveq/123rf.com
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