Deutscher Gewerkschaftsbund

16.03.2023
klartext Nr. 10/2023

Bundeshaushalt: Es darf keinen Sparkurs geben!

Ein strenger Sparkurs bringt mittelfristig viel höhere Kosten für zukünftige Generationen. Die enormen Herausforderungen der kommenden Jahre lassen sich nur mit einem gestärkten Sozialstaat und zukunftsweisenden Investitionen bewältigen. Es war ein Fehler, mitten in der Inflationskrise die Schuldenbremse wieder anzuziehen. Sie bleibt eine Zukunftsbremse und gehört abgeschafft.

Münstapel nach rechts rückläufig

DGB/Chaiyawat Sripimonwan/123rf.com

Streit über den Bundeshaushalt: Ministerien sollen sparen

In der Bundesregierung schwelt ein Streit um den nächsten Bundeshaushalt. Bundesfinanzminister Lindner hat die für diese Woche geplante Vorlage entsprechender Eckpunkte verschoben. Gleichzeitig fordert er alle Ministerien zum Sparen auf. Lindner, der sich bei Amtsantritt noch als "Ermöglichungsminister" bezeichnet hatte, wird immer mehr zum Verhinderer.

Der Minister behauptet, die Staatsausgaben seien zu hoch und will sie auf das aus seiner Sicht "Wesentliche" zurückstutzen. Nachdem er kürzlich noch Änderungen bei der Einkommensteuer vornahm, die auch Top-Verdienende stark entlasteten und die Staatseinnahmen reduzierten, sagt er nun, der Staat müsse mit den vorhandenen Mitteln auskommen. Steuererhöhungen für Reiche oder neue Kredite lehnt er ab.

Ohne Zukunftsinvestitionen verliert Deutschland den Anschluss

Doch diese Denke ist kurzsichtig. Wenn der Staat seiner Handlungsfähigkeit beraubt wird, bringt das mittelfristig viel höhere Kosten für die heutige Gesellschaft und künftige Generationen. Die öffentliche Hand hat in den kommenden Jahren enorme Herausforderungen zu bewältigen. Es braucht mehr bezahlbaren Wohnraum und viel mehr Geld für die Bildung. Der Sozialstaat muss gestärkt werden – auch mit einer effektiven Kindergrundsicherung. Zur sozial-ökologischen Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft braucht es massive Investitionen in Dekarbonisierung, Verkehr, Infrastruktur und Digitalisierung. In China und den USA werden hunderte von Milliarden in Zukunftsinvestitionen gesteckt. Wenn Deutschland hier bremst, verliert es für lange Zeit den Anschluss.

Angst vor zusätzlicher öffentlicher Kreditaufnahme ist unbegründet

Der Bundesfinanzminister bedient sich allerlei argumentativer Tricks, um eine staatliche Mager-Kur alternativlos erscheinen zu lassen. Jüngst warnte Lindner beispielsweise, die Zinsausgaben des Bundes hätten sich seit 2021 auf fast 40 Mrd. Euro im Jahr 2024 verzehnfacht.

So schürt der Minister Ängste vor zusätzlicher öffentlicher Kreditaufnahme. Was er verschweigt: Die Zahl 40 Mrd. kommt nur durch eine veraltete und verzerrende Berechnungsmethode zustande, die eigentlich schon längst geändert werden sollte (mehr dazu lesen).

 

Zinsausgaben des Bundes von 1991 bis 2022

*nach VGR / Quelle: Destatis, eigene Berechnung / eigene Darstellung

Schuldenbremse bleibt Zukunftsbremse

Und selbst wenn man diese irreführend hohe Zahl zur Grundlage nimmt, relativiert sich ihre bedrohliche Wirkung, wenn man die Zinszahlungen zu den staatlichen Gesamtausgaben ins Verhältnis setzt. Selbst wenn sich die Zinsausgabenquote 2023 zum Vorjahr verdoppelt, wie das Finanzministerium voraussagt, bleibt die Belastung im Langfrist-Vergleich niedrig (siehe Grafik).

Die deutsche Staatsverschuldung ist im internationalen Vergleich gering. Sie treibt auch nicht die Inflation. Im Gegenteil: Kreditfinanzierte Maßnahmen, wie die Einführung der Gas- und Strompreisbremse, wirken der Inflation entgegen. Es war ein Fehler, mitten in der Inflationskrise die Schuldenbremse wieder anzuziehen. Sie bleibt eine Zukunftsbremse und gehört abgeschafft. Bis dahin muss sie umgangen werden, wie beim Sondervermögen für die Bundeswehr geschehen.

Es braucht eine gerechte Besteuerung

Gleichzeitig müssen Reiche mehr zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft beitragen. Die Inflationskrise zeigt auch: Eine gerechtere Erbschaftsteuer und die Wiedererhebung der Vermögensteuer sind überfällig.

 


Nach oben

Der DGB-Steuerrechner

DGB
Wieviel Netto bleibt vom Brutto? Wie hoch sind die Steuern und Abgaben? Was kann eine gerechte Lohnsteuerreform bewirken? Der DGB-Steuerrechner zeigt auf einen Blick, wieviel mehr Netto vom Brutto mit den DGB-Steuervorschlägen für Ihren Haushalt am Jahresende übrig bleiben würde.
zur Webseite …

Lohn- und Gehaltscheck

Lohn­spie­gel.­de – Ver­glei­che dein Ge­hal­t!
Geldscheine in einer Hand
DGB/Vladyslav Starozhylov/123RF.com
Nutzen Sie den Lohn- und Gehaltscheck von Lohnspiegel.de und vergleichen Sie Ihr Gehalt. Über 500 Berufe werden abgedeckt und zahlreiche persönliche Merkmale berücksichtigt. Lohnspiegel.de wird vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung wissenschaftlich betreut.
zur Webseite …

Stellungnahmen

Reichstag Berlin
DGB/andreahast/123rf.com
Hier finden Sie die Stellungnahmen und Positionen der Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).
weiterlesen …

Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Globus und Geldmünzen

DGB/hqrloveq/123rf.com

Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.

Kontakt

Deutscher Gewerkschaftsbund
Bundesvorstand
Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
Keithstraße 1
10787 Berlin

E-Mail: info.wirtschaftspolitik.bvv@dgb.de

Assistent*innen

Carina Ortmann
Telefon +49 30 24060-727


Manuela Schmidt
Telefon +49 30 24060-107

Ansprechpartner*innen

Florian Moritz
Abteilungsleiter Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik


Dr. Dominika Biegoń
Europäische und internationale Wirtschaftspolitik


Nora Rohde
OECD/TUAC
Öffentliche Daseinsvorsorge
Handelspolitik

Raoul Didier
Steuerpolitik


Dr. Robby Riedel
Tarifpolitische Koordinierung und Mindestlohn

 

Dr. Inga Jensen
Wohnungs- und Verbraucher*innenpolitik

 
Friederike Posselt
Tarifkoordination
 
Tarifkoordination
 
Henriette Neumann
Allgemeine Wirtschaftspolitik Marktregulierung und Verteilungspolitik