Geschätzte 1,4 Billionen Euro besitzen die reichsten 4.300 Haushalte in Deutschland – das entspricht etwa einem Drittel des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Dennoch bezahlen die Beschäftigten mit ihren Steuern den größten Teil der öffentlichen Haushalte. Deshalb müssen Vermögen und Spitzeneinkommen höher besteuert werden. Das stärkt die öffentlichen Einnahmen und reduziert die soziale Ungleichheit.
Zum Auftakt des Weltwirtschaftsforums in Davos veröffentlichte die internationale Entwicklungsorganisation Oxfam ihren jährlichen Bericht zur sozialen Ungleichheit. Auch in diesem Jahr zeigt dieser: Soziale Ungleichheit ist eines der größten Probleme unserer Zeit und sie wächst. Während die meisten Menschen unter den Folgen der jüngsten Krisen ächzen, profitierten einige wenige massiv von Pandemie, Inflation, steigenden Zinsen und Kriegsgeschehen.
So konnten die reichsten 5 Personen dieser Welt ihr Vermögen seit Ausbruch der Corona-Pandemie mehr als verdoppeln. Alle in der Studie erfassten Milliardär*innen zusammen haben ihr Vermögen im selben Zeitraum um 34 Prozent gesteigert, während die "unteren" 60 Prozent Vermögen verloren haben. Die 148 größten Unternehmen haben rund 700 Milliarden Dollar an überdurchschnittlich hohen Gewinnen eingefahren, während Beschäftigte Reallohn- oder gar Jobverluste erleiden mussten.
Auch in Deutschland nimmt die soziale Ungleichheit zu. Die Einkommensungleichheit steigt seit Ausbruch der Corona-Pandemie wieder an und die Armutsquote verharrt auf hohem Niveau bei fast 17 Prozent. Auch hierzulande haben die Dax-Konzerne vergangenes Jahr wieder Rekordgewinne gemacht und 75 Milliarden Euro an Dividenden ausgeschüttet, anstatt in Standorte und Zukunft zu investieren. Zum Wohle der Reichsten, die 41 Prozent des Finanzvermögens besitzen.
Die Vermögenskonzentration in Deutschland ist enorm und sogar noch viel höher als bislang geschätzt. Eine aktuelle Studie von Forschenden des Netzwerks Steuergerechtigkeit deckt nämlich auf, dass das Vermögen der reichsten 4.300 Haushalte bei schätzungsweise 1,4 Billionen Euro liegt. Das entspricht einem Drittel des deutschen Bruttoinlandsprodukts und ist das Ergebnis jahrelanger Reichenpflege u. a. durch eine sukzessive Senkung kapitalbezogener Steuern. Statt der Kapitalseite finanzieren die Beschäftigten über die direkten und indirekten Steuern den größten Teil der öffentlichen Haushalte. (Vgl. Grafik).
DGB/Quelle: OECD, Revenue Statistics 2023
Zusätzlich leitet die Bundesregierung nun einen Sparkurs ein, der die ungleiche Entwicklung weiter befeuert: Wichtige Investitionen in Daseinsvorsorge und Infrastruktur, von denen ganz besonders kleine und mittlere Einkommen profitieren, bleiben auf der Strecke. Solche Investitionen wären aber notwendig, um gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen und den Wohlstand von morgen in einer intakten Umwelt zu sichern.
Anstatt den Sozialstaat zu stärken, werden die Rücklagen der Rentenversicherung geplündert, beim Bürgergeld gespart und die Kindergrundsicherung von vornherein gestutzt. Einer schnellen Umsetzung des Klimageldes, das zumindest einen Teil der Kosten durch die steigende C02-Bepreisung kompensieren soll, erteilte der Bundesfinanzminister jüngst auch noch eine Absage.
Finanzminister Lindner behauptet, jeder müsse seinen Beitrag leisten. Klar ist aber: Maßnahmen, die diejenigen stärker in die Pflicht nehmen, die es sich leisten könnten - eine Reform der Erbschaftsteuer, die Wiedererhebung der Vermögensteuer oder die Abschaffung der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge etwa - werden abgelehnt. Dabei stärkt eine höhere Besteuerung großer Vermögen und Spitzeneinkommen nicht nur die Einnahmen der öffentlichen Haushalte. Sie reduziert auch die Ungleichheit und stärkt die Demokratie. Daran sollte auch Lindner gelegen sein.
DGB/hqrloveq/123rf.com
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