Deutscher Gewerkschaftsbund

18.07.2016
Lohn- und Sozialdumping

Tarnen, prellen, Löhne drücken

einblick 13/2016

An Kreativität mangelt es einigen Arbeitgebern nicht, wenn es darum geht, Löhne zu drücken und die öffentliche Hand um Abgaben und Steuern zu prellen. Häufig nutzen diese Firmen grenzüberschreitende Konstruktionen, um Beschäftigte in Europa gegeneinander auszuspielen.

Lkw auf Landstraße

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Wieder einmal stehen Unternehmen der Fleischindustrie in der Kritik. Eine Analyse des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) zeigt, wie deutsche Schlachtkonzerne Briefkastenfirmen nutzen, um Beschäftigte aus Mittel- und Osteuropa für deutsche Schlachthöfe anzuwerben. Das Ziel solcher Konstruktionen ist es, Lohn- und Sozialstandards zu unterwandern. Der Schlachtbetrieb schließt einen Vertrag über eine Dienstleistung mit einem Subunternehmen – einer Briefkastenfirma – ab, die wiederum einen Vertrag mit anderen Scheinunternehmen mit Sitz in den mittel- und osteuropäischen Ländern unterschreibt. Diese stellen dann die Beschäftigten an, mieten Autos und Unterkünfte und stellen das nötige Werkzeug bereit.

Auf Kosten der Arbeitnehmer

Alle Firmen gehören in der Regel einer einzigen Person. Gerät eine Firma in den Fokus von Steuer- oder Ermittlungsbehörden, meldet sie Insolvenz an. Der Vorteil aus Sicht der Schlachtbetriebe: Sie haben keine direkte Verpflichtung den Beschäftigten gegenüber, sparen Löhne und Abgaben und haben damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Betrieben. „Mit Blick auf die Situation in Deutschland beschreibt der Bericht exemplarisch und eindrucksvoll die kriminellen Machenschaften in der Fleischindustrie. Diese Schweinereien auf Kosten der Arbeitnehmer, die zu uns kommen, müssen endlich beendet werden“, betont DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Es sei gut, dass mit der anstehenden Revision der Entsenderichtlinie die überholten Vorgaben, die den Einsatz der mobilen Beschäftigten regeln, überarbeitet werden sollen. Allerdings reichten die Vorschläge der Kommission nicht aus. „Notwendig sind insbesondere die konsequente Umsetzung des Prinzips ‚gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort‘, die Verbesserung der Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten und die flächendeckende Beratung und Unterstützung der entsandten Beschäftigten“, fordert Buntenbach. Der EGB-Bericht beleuchtet außerdem die Machenschaften von Unternehmen in der Baubranche und im Logistiksektor.

Fuhrunternehmen "flaggen" um

Nicht nur dubiose Firmenkonstruktionen werden genutzt, um Geld zu sparen – im Güterverkehr warnen selbst Arbeitgeber davor, dass ganze Lkw-Flotten „umgeflaggt“ werden. So weist der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) darauf hin, dass einige Fuhrunternehmen ihre Fahrzeuge in anderen EU-Staat mit deutlich geringeren Sozialstandards anmelden. Gleichzeitig ersetzen sie ihr Personal durch Arbeitskräfte aus mittel- und osteuropäischen Ländern – zu den dortigen Bedingungen. Der BGL fordert die strikte Einhaltung der Mindestlohnregeln.

Ein Interview mit Karlheinz Schmidt vom BGL auf der Internetseite des DGB...

Den EGB-Bericht gibt es hier zum Download:


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