Deutscher Gewerkschaftsbund

25.10.2012

Minijobs: Bundesregierung weitet Niedriglohnsektor aus

Mehrere Menschen schauen auf eine Wand mit Stellenausschreibungen. Oben steht in roter Schrift "Jobs zum Mitnehmen".

DGB/Simone M. Neumann

Die schwarz-gelbe Koalition hat die Einkommensgrenze für Minijobs auf 450 Euro ab 1.Januar 2013 angehoben. „Statt den Niedriglohnsektor einzudämmen, will die Koalition ihn auch noch ausweiten“, kritisierte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. MinijobberInnen gehören zu den Hauptrisikogruppen für Altersarmut.

Dazu Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied:

"Die Anhebung der Minijob-Grenze auf 450 Euro zeigt, dass diese Bundesregierung weder willens noch in der Lage ist, das Minijob-Problem anzupacken. Statt den Niedriglohnsektor einzudämmen, will die Koalition ihn auch noch ausweiten. Wegen der niedrigen Löhne und der mangelnden sozialen Absicherung sind die Minijobberinnen und Minijobber schon jetzt akut armutsgefährdet und sie gehören zu den Hauptrisikogruppen für spätere Altersarmut.

Geradezu absurd ist die Vorstellung, man würde die Situation der Betroffenen durch diese Anhebung verbessern. Das durchschnittliche Einkommen bei den Minijobs beträgt 260 Euro. Das heißt: die Anhebung der Minijob-Grenze auf 450 Euro bringt den meisten überhaupt nichts, weil sie schon die 400-Euro-Grenze gar nicht erreichen."

DGB für Sozialversicherungspflicht ab dem ersten verdienten Euro

Der DGB hält eine Ausweitung der Minijobs arbeitsmarktpolitisch und gleichstellungspolitisch für den falschen Weg. Vielmehr ist es notwendig, die Minijobmauer einzureißen und die Einkommenschancen von Frauen, Arbeitslosen und GeringverdienerInnen zu verbessern.

Logo gute Jobs

Die Auswirkungen der Minijobs auf den Arbeitsmarkt sind in den letzten Jahren mehrfach untersucht worden. Fakt ist: Die Minijob-Regelung hat schwere Nebenwirkungen auf die Qualität der Beschäftigung, die soziale Sicherung und das Lohnniveau. Auf diese Probleme geht der aktuelle Gesetzentwurf von CDU, CSU und FDP nicht ein. Ganz im Gegenteil: Er verstärkt diese negativen Wirkungen sogar noch.

Der DGB hat in seiner Stellungnahme, die dem Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales vorliegt, Vorschläge unterbreitet, wie die Minijobs sinnvoll in den Arbeitsmarkt integriert werden können.

DGB-Stellungnahme zur geringfügigen Beschäftigung, Anhörung im Bundestag (PDF, 75 kB)

Die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP haben einen Gesetzentwurf zur Reform geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse ("Minijobs") vorgelegt. Doch die Pläne von Schwarz-Gelb würden die Situation im Niedriglohnsektor noch verschlimmern. "Es wird für Arbeitgeber noch attraktiver Arbeitsplätze umzuwandeln und so reguläre Beschäftigung zu verdrängen", kritisiert der DGB.

 
DGB-Vorschlag: Sozialversicherungsschutz für alle Beschäftigungsarten

Der DGB-Reformvorschlag sieht vor, alle Beschäftigungsverhältnisse ab dem ersten Euro in den Sozialversicherungsschutz einzubeziehen und Sonderregelungen bei der Besteuerung aufzuheben. Gleichzeitig schlägt der DGB verschiedene flankierende sozialpolitische Maßnahmen vor.

Ein Teil des DGB-Reformvorschlags: Die Sozialversicherungsbeiträge der Beschäftigten steigen in einer Zone von 0 Euro bis 800 Euro an, während für die Arbeitgeber der Beitrag entsprechend abnimmt: Zunächst übernehmen die Arbeitgeber den vollen Sozialversicherungsbeitrag, danach steigt in der Gleitzone der Arbeitnehmeranteil, bis bei 800 Euro die paritätische Beitragsfinanzierung erreicht ist. Dadurch erhöht sich für die Arbeitgeber der Anreiz, Arbeitszeit aufzustocken und von Kleinstarbeitsverhältnissen – die besonders auch für Hartz-IV-EmpfängerInnen nachteilig sind – Abstand zu nehmen.

Für die Besteuerung sind im DGB-Vorschlag Freibeträge vorgesehen, so dass Alleinstehende bei kleinen Arbeitsverhältnissen keine Nachteile haben. Ehepaare profitieren vom Ehegattensplitting, was zu erheblichen Steuereinsparungen führt. Bei Ehepaaren wirkt sich bisher allerdings die Wahl der Steuerklassen oft negativ auf die Berufstätigkeit der Frauen aus. Deswegen schlägt der DGB vor, bei der Besteuerung von Ehepaaren verpflichtend das sogenannte Faktorverfahren einzuführen, wenn beide Ehepartner erwerbstätig sind. Durch das Faktorverfahren wird die tatsächliche Steuerbelastung gerechter auf beide Partner verteilt, so dass die Splittingvorteile nicht nur einseitig einem Ehepartner zugute kommen und sich Berufstätigkeit für beide gleichermaßen lohnt.

Darüber hinaus gibt es im DGB-Modell Ausnahmen für Tätigkeiten, für die ein besonderes öffentliches Interesse besteht - zum Beispiel ehrenamtliche Tätigkeiten in Sportvereinen oder Jugendgruppen. Der Gesetzgeber könnte dafür die bestehende Regelung  der Übungsleiterpauschale gegebenenfalls anpassen.

Minijobs - unsere Positionen auf einen Blick (PDF, 203 kB)

"Raus aus der Armutsfalle - DGB-Reformkonzept Minijobs"


Nach oben

Dieser Artikel gehört zum Dossier:

Minijobs reformieren: Raus aus der Armutsfalle

Zum Dossier