Ein Jahr arbeiten - und dafür später 4,40 Euro brutto mehr Rente bekommen? Ein Mini-Job macht's möglich. Bei Tätigkeiten in privaten Haushalten sieht es noch düsterer aus. Hier beträgt der Zuwachs oft nur 1,18 Euro pro Beitragsjahr. Das muss sich dringend ändern.
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Ein Jahr mit einem 450-Euro-Job mit geleisteten Beiträgen an die Rentenversicherung lässt das allgemeine Rentenniveau um ca. 4,40 Euro steigen.[1] Das ist verschwindend wenig. Dabei lassen sich auch noch 81 Prozent der Minijobberinnen und Minijobber im gewerblichen Bereich von der Rentenversicherung befreien. In diesem Fall kommen nur 3,55 Euro brutto pro Jahr auf die Rente hinzu. In privaten Haushalten sind es sogar knapp 87 Prozent, die sich befreien lassen.[2] Sie bekommen dadurch 1,18 Euro brutto mehr Rente pro Beitragsjahr.
Schlimmer noch: durch die Befreiung verlieren sie Beitragsjahre für die Wartezeit und verzichten auf eine Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente sowie auf medizinische Rehabilitationsmaßnahmen. Gleichzeitig werden dadurch Sozialkassen massiv geschwächt. Andere Beschäftigte, vor allem solche mit kleinen und mittleren Einkommen, müssen dafür zahlen.
Arbeitsrechtlich sind Minijobs einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gleichgestellt. Oft bleibt das leider nur Theorie. In der Praxis fallen die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Vergütung von Überstunden oder der bezahlte Urlaub aus. Löhne werden durch falsche Arbeitszeiterfassung gedrückt. Die Arbeit geschieht auf Abruf und ist nicht planbar.
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Alle sprechen von Fachkräftemangel und Mangel an Arbeitskräften. Während die meisten geringfügig Beschäftigten entweder einen beruflichen oder einen akademischen Abschluss haben, verrichten sie häufig Helfertätigkeiten. Möglichkeiten für Aus- und Weiterbildung, für einen beruflichen Aufstieg und mehr Einkommensstabilität bleiben in der Regel aus.
Minijobs sind für Beschäftigte eine Schein-Entlastung, die mit weniger Arbeitsrechten, weniger Chancen und später mit niedrigen Renten teuer bezahlt wird. Potentiale zur Arbeitskräftesicherung gehen dadurch verloren. Sozial- und Steuerkassen werden geschwächt. Und doch hält die Politik weiterhin an Minijobs fest. Nach neusten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit gibt es aktuell immer noch über 7,5 Millionen geringfügig Beschäftigte in Deutschland – der Großteil davon (4,5 Millionen) hat ausschließlich einen Minijob.[3]
Vielen von ihnen würden gerne mehr arbeiten. 45% der Frauen und 56% der Männer, die ausschließlich einen Minijob haben, wollen ihre Arbeitszeit ausweiten.[4]
Deshalb setzt sich der DGB für eine Exit-Strategie ein: Minijobs müssen schrittweise in sozialversicherungspflichtige Teilzeit umgewandelt werden. Gleichzeitig müssen Menschen mit niedrigen Einkommen über einen Arbeitnehmer-Entlastungsbetrag steuerlich entlastet werden.
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[1] Durchschnittswert alte Bundesländer, 1. HJ 2020, eigene Berechnungen anhand eines 450-Euro Einkommens. Für die neuen Bundesländer ist der Wert ca. 4,54 Euro.
[2] Quartalsbericht III 2019, Minijobzentrale
[3] Bundesagentur für Arbeit, Auswertemonat Oktober 2019.
[4] SOEP long, 1985-2016, Weber, Enzo; Zimmert, Franziska: Der große Trend zur Freizeit?, 2018.