Am 1. Januar 2005 trat das so genannte Hartz-IV-Gesetz in Kraft. Die Ziele waren hoch gesteckt, wurden aber weitgehend verfehlt, so der DGB in einer Analyse: Die Chancen für Hartz-IV-Empfänger am Arbeitsmarkt sind weiterhin "sehr ungünstig", die Arbeitsförderung wurde "massiv gekürzt". Die DGB-Analyse sieht deshalb umfassenden Reformbedarf.
"Hartz IV wurde nicht nur schlecht gemacht, sondern hat zentrale Eckpfeiler und die Grundarchitektur des bundesdeutschen Sozialsystems massiv verschoben", so ein Fazit der DGB-Analyse zu zehn Jahren Hartz IV. DGB/Simone M. Neumann
"Die Ziele dieses Umbaus von Sozialstaat und Arbeitsförderung waren hoch gesteckt. Insbesondere sollte eine ganzheitliche Betreuung und bessere Kombination von Arbeitsförderung und sozialen Hilfen eröffnet und eine Leistung 'aus einer Hand' sichergestellt werden", heißt es in der DGB-Analyse zu zehn Jahren Hartz IV. Allerdings seien die entsprechenden Maßnahmen zum Teil schlecht umgesetzt worden oder "beschönigten oder verschleierten die tatsächlichen Absichten".
"Hartz IV wurde nicht nur schlecht gemacht, sondern hat zentrale Eckpfeiler und die Grundarchitektur des bundesdeutschen Sozialsystems massiv verschoben", so ein Fazit der DGB-Analyse.
Die Beschäftigungseffekte der Reform seien äußerst umstritten und trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung gelinge es bis heute kaum, die Zahl der Menschen, die auf Fürsorgeleistungen angewiesen sind, deutlich zu reduzieren. "Auch 10 Jahre nach Errichtung dieses Systems sind immer noch mehr als 6 Millionen Menschen auf Hilfen zur Sicherung des Existenzminimums angewiesen", so die Analyse des DGB. "Die Fortschritte beim Abbau des Hilfebezugs sind relativ bescheiden, wenn auch Mitte 2014 noch 9,5 Prozent der Bevölkerung von der Geburt bis zur Regelaltersgrenze auf diese Fürsorgeleistung angewiesen sind und dies bei insgesamt relativ guter Wirtschaftssituation und Beschäftigungsentwicklung."
Die Integrationschancen von Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfängern in den Arbeitsmarkt seien weiterhin niedrig, so eine weitere Kritik des DGB. Bei genauerer Betrachtung seien "die Chancen für Hartz-IV-Empfänger generell sehr ungünstig. Die Abgangsrate in Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt zeigt nur leichte konjunkturelle Schwankungen und ist 2014 nicht höher als noch 2008."
Deutliche Kritik übt der DGB auch an den gekürzten Mitteln für die Arbeitsförderung. "Die sozialen und arbeitsmarktpolitischen Ansätze für Arbeitslose mit schlechten Vermittlungschancen greifen zu kurz. Neue Instrumente und Hilfen für sie wurden kaum geschaffen. Zwar werden immer wieder neue Sonderprogramme für Langzeitarbeitslose aufgelegt, die die vorangegangene Kürzung der Fördermittel aber nicht einmal haben kompensieren können."
Besonders kritisch sieht der DGB auch die Effekte, die die Angst vor sozialem Abstieg und vor Hartz IV auf die gesamte Arbeitswelt und Gesellschaft geschaffen habe. "Sowohl in Betrieben wie im sozialen Umfeld der Beschäftigten wird die Gefahr eines sozialen Abstiegs erkennbar und beeinflusst das Klima. Eine Fürsorgeleistung auf Sozialhilfeniveau, scharfe Sanktionen und Zumutbarkeitsregeln entfalten ihre disziplinierende Wirkung auf die gesamte Arbeitnehmerschaft. Dies wirkt so in die Mitte von Arbeitswelt und Gesellschaft zurück."
Hartz IV habe die Bereitschaft von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erhöht, Lohnabstriche und prekäre Beschäftigung in Kauf zu nehmen. Das habe die Ausweitung des Niedriglohnsektors zur Folge gehabt. "Genau dies war die Intention der 2003/2004 politisch Verantwortlichen", so die DGB-Analyse.
Die DGB-Analyse formuliert Reformbedarf beim Hartz-IV-System unter anderem zu folgenden Punkten:
Zu einer neuen Ordnung der Arbeit gehört auch eine Neuausrichtung der Arbeitsförderung, fordert der DGB. Alle Beschäftigte und Arbeitsuchende sollen die Chance auf einen sicheren und fair bezahlten Arbeitsplatz haben. Zehn Jahre nach den Hartz-Gesetzen braucht die Arbeitsförderung eine Neuausrichtung, welche die aktuellen Herausforderungen und Probleme in der Arbeitsmarktpolitik aufgreift und darauf Antworten formuliert, die sich am Sozialstaatsgebot orientieren.