Deutscher Gewerkschaftsbund

30.03.2020
Mehr drin mit Tarif!

Kurzarbeitergeld: Höher mit entsprechenden Tarifverträgen

In Krisenzeiten können Unternehmen ihre Produktion oder ihre Dienstleistungen reduzieren oder den Betrieb ganz auf Null herunterfahren – für die Beschäftigten gibt es dann Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit, auf Antrag des Arbeitgebers. Das Kurzarbeitergeld beträgt regulär 60 Prozent vom Nettogehalt, für Beschäftigte mit Kindern 67 Prozent. Für Beschäftigte mit Tarifvertrag ist oft deutlich mehr drin. Gewerkschaften haben mit Tarifverträgen Aufstockungen von 80 bis 90 Prozent und sogar fast bis zum vollen Ausgleich verhandelt.

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Arbeitslosigkeit und Firmenpleiten sollen mit dem Kurzarbeitergeld erstmal verhindert werden. Wegen der aktuellen Corona-Pandemie ist schnelle Hilfe nötig. Laut einer aktuelle Umfrage des ifo Instituts rechnet jedes vierte Unternehmen (25,6 Prozent) in den kommenden drei Monaten mit Kurzarbeit. Die Bundesregierung hat deshalb die Kurzarbeit seit März 2020 neu geregelt. Informationen für Beschäftigte sowie Betriebs- und Personalräte bietet ein neuer DGB-Ratgeber.

Junge Arbeiterin in einer Fabrik

DGB/Katarzyna Białasiewicz/123rf.com

60 Prozent reichen oft nicht

Ein Kurzarbeitergeld von 60 Prozent ist für viele Beschäftigte zu gering. Plötzlich 40 Prozent weniger auf dem Konto haben und das jeden Monat – das bedeutet für viele Beschäftigte, dass sie Mieten und andere Kosten nur noch schwer stemmen können. Vor allem Niedrigverdienerinnen und Niedrigverdiener werden kaum über die Runden kommen.

Gewerkschaften fordern mindestens 80 Prozent

Die Gewerkschaften fordern in dieser Krisensituation soziale Verantwortung ein. Viele Branchen und Unternehmen zeigen diese Verantwortung, indem sie Tarifverträge zur Aufstockung bei Kurzarbeit abgeschlossen haben. Dort wo dies noch nicht geschehen ist, fordern die Gewerkschaften die Arbeitgeber auf, schnellstens auf Angebote zu Tarifverhandlungen einzugehen. Von der Bundesregierung fordern die Gewerkschaften, auch den Beschäftigten in Branchen und Unternehmen ohne Tarifbindung eine Mindestsicherung von mindestens 80 Prozent zu ermöglichen.

Mehr drin: Das haben die Gewerkschaften in verschiedenen Branchen bereits erreicht

Für Beschäftigte, für die ein entsprechender Tarifvertrag gilt, ist in der Regel mehr drin beim Kurzarbeitergeld.

Bereits vor der Corona-Krise gab es in diversen Branchen und Unternehmen Tarifverträge, die für den Fall von Kurzarbeit eine Aufstockung für die Beschäftigten vorsehen. Zu diesen Branchen gehören laut WSI-Tarifarchiv unter anderem die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie in Sachsen, der Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen, das KFZ-Handwerk in Bayern und die chemische Industrie. Entsprechende Regelungen gibt es außerdem bei der Deutschen Bahn AG und der Deutschen Telekom. In diesen Tarifverträgen gibt es Aufstockungen auf bis zu 97 Prozent des Netto-Gehalts (siehe Grafik).

WSI-Tarifarchiv

Weitere Tarifverträge und Vereinbarungen in der Corona-Krise bereits abgeschlossen

Die Gewerkschaften haben aktuell für Beschäftigte, die von Kurzarbeit betroffen sind, außerdem in folgenden Branchen bereits ein höheres Kurzarbeitergeld verhandelt:

  • Die IG Metall hat ein kurzfristiges Krisenpaket für die Metall- und Elektroindustrie vereinbart. Das erzielte Tarifergebnis beinhaltet folgende Punkte: Bei Kurzarbeit bekommen die Beschäftigten für die ersten Monate etwa 80 Prozent ihres Lohns. Bei Schließungen von Kitas und Schulen können Eltern mit Kindern bis zu zwölf Jahren acht freie Tage für die Kinderbetreuung nehmen anstatt des tariflichen Zusatzgeldes. Außerdem erhalten Beschäftigte im Jahr 2020 für die Betreuung von Kindern - soweit zwingend erforderlich - mindestens fünf freie Tage ohne Anrechnung auf den Urlaub. Das Entgelt wird weitergezahlt. Die IG Metall hat auch in weiteren Branchen und Unternehmen verbessserte Regelungen für die Kurzarbeit verhandelt - beispielsweise bei den Textilen Dienstleistern
  • Mit dem Bundesverband der Systemgastronomie hat sich die NGG auf einen "Corona-Schutz-Tarifvertrag" geeinigt. Damit sind die Beschäftigten in den Betrieben, in denen auf Grund des Coronavirus in Kurzarbeit gearbeitet wird, vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt. Und das sogar zwei Monate über die Laufzeit der Kurzarbeit hinaus. Außerdem wird der Lohn der betroffenen Mitarbeiter von McDonald's, Burger King, Starbucks und Co. von den Arbeitgebern auf mindestens 90 Prozent des normalen Nettolohns aufgestockt. In vielen Branchen wie auch dem Gastgewerbe und in zahlreichen Unternehmen gibt es laut NGG mittlerweile passgenaue Lösungen und eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes. 
  • In der Filmbranche hat ver.di die Aufstockung auf die vollen Gagen bei Tarifverträgen und ansonsten auf 90 Prozent durchgesetzt. Für den öffentlichen Dienst hat ver.di aktuell einen Covid-19-Tarifvertrag zur Regelung der Kurzarbeit in den Kommunen abgeschlossen. Betriebsbedingte Kündigungen sind während der Kurzarbeit und drei Monate danach ausgeschlossen. Das Kurzarbeitergeld wird auf 90 bis 95 Prozent aufgestockt. Auch für die deutschen Seehäfen wurde ein Tarifvertrag geschlossen, der für die Beschäftigten in Kurzarbeit den Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen und eine Aufstockung um 20 Prozent vorsieht.
  • Die EVG hat eine tarifliche Vereinbarung geschaffen, die den Arbeitgeber zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 80 Prozent verpflichtet. Mit der DB AG hat die EVG vereinbart, dass in Betrieben, für die dieser Tarifvertrag nicht gilt, eine daran orientierte Regelung kurzfristig ergänzt wird. Entsprechende Vereinbarungen will die EVG insgesamt durchsetzen.
  • Die IG BCE hat für die Beschäftigten der chemischen Industrie ein Kurzarbeitergeld von 90 Prozent des Nettolohns vereinbart. Auch in der Papierindustrie und der Kunststoffindustrie sowie in der Glasindustrie bestehen Sonderregelungen.

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