Deutscher Gewerkschaftsbund

08.07.2016
klartext 27/2016

CETA: Erster Erfolg – mit Einschränkungen

Die EU-Kommission hat in dieser Woche offiziell verkündet, dass das umstrittene Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada, CETA, auch von den EU-Staaten ratifiziert werden wird und damit auch durch den Bundestag muss. Trotzdem: CETA ist weiterhin mit gravierenden Problemen behaftet – nicht nur wegen des umfangreichen Investitionsschutzkapitels.

Fahne EU und Kanada

Colourbox.de

Das Warten und Mutmaßen hat ein Ende: Die europäische Kommission hat in dieser Woche offiziell verkündet, dass das umstrittene Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada, CETA, als gemischtes Abkommen behandelt werden soll. Das heißt, dass nicht nur das europäische Parlament, sondern auch die Parlamente der bisher noch 28 EU-Staaten CETA ratifizieren müssen, damit es vollständig in Kraft tritt.

Die EU-Kommission hat damit eine wichtige und richtige Entscheidung getroffen – ein Ausschluss der Nationalstaaten bei der Abstimmung über ein so hoch kontroverses Abkommen hätte angesichts der aktuellen europapolitischen Lage das Misstrauen nicht nur in CETA, sondern in die EU-Institutionen und die EU als solche auf die Spitze getrieben und Europa-Gegnern in die Hände gespielt. Der erste Schritt ist also gemacht. Das ist auch ein Erfolg der europäischen Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft, die die europäische Handelspolitik aufmerksam und kritisch begleiten!

Grafik Handel Kanada

DGB

Gleichzeitig hebt diese Entscheidung über die Rechtsnatur des Abkommens die Kritik an dessen Inhalt keineswegs auf! CETA ist weiterhin mit gravierenden Problemen behaftet. Nicht nur, dass es ein umfangreiches Investitionsschutzkapitel enthält, das ausländischen Investoren Sonderklagerechte einräumt und so die Regulierungsfreiheit von Regierungen einzuschränken droht. Auch sind weiterhin öffentliche Dienstleistungen nicht umfassend vom Abkommen und damit von zusätzlichem Liberalisierungs- und Privatisierungsdruck ausgenommen. Im Bereich der Arbeitnehmerstandards ist zwar ein weiterer Erfolg zu verzeichnen – Kanada hat Anfang Juni die Kernarbeitsnorm Nr. 138 zum Mindestalter von ArbeitnehmerInnen und damit die siebte von acht Kernarbeitsnormen der ILO ratifiziert. CETA sieht jedoch auch weiterhin keinen Sanktionsmechanismus vor für den Fall, dass solche ArbeitnehmerInnenrechte verletzt werden. Diese Risiken einzugehen ist vor allem angesichts des bisher gut funktionierenden Handels zwischen Deutschland und Kanada höchst problematisch. Allein zwischen 2000 und 2013 haben sich die deutschen Warenexporte nach Kanada auch ohne CETA verdreifacht (siehe Grafik oben).

Daher müssen nun Bundestag und Bundesrat das Abkommen auf Herz und Nieren prüfen und kritisch hinterfragen, ob eine Ratifizierung vertretbar ist. Aus Sicht der deutschen, europäischen und kanadischen Gewerkschaften ist das Abkommen in seiner jetzigen Form vor allem aus oben genannten Gründen nicht tragbar. Auch aus diesem Grund ist der Plan der EU-Kommission, CETA nun schnell unterzeichnen zu lassen und nach der Abstimmung im europäischen Parlament vorläufig anzuwenden, kritisch zu sehen. Ein Großteil des Abkommens würde dann schon gelten, bevor die nationalen Parlamente ein abschließendes Urteil fällen.


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TTIP, CETA, TiSA & Co.

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