Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst sind gestartet und mit ihnen der Kampf für eine bessere öffentliche Infrastruktur und bessere Arbeitsbedingungen in den Behörden. Die Politik muss nun Verantwortung übernehmen und in eine bessere Zukunft investieren, damit der Staat auch morgen noch handlungsfähig ist, fordert der DGB-klartext.
DGB/Steinborn
Diese Woche starteten die Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst der Bundesländer. Dabei geht es auch um die Handlungsfähigkeit des Staates – darum, ob die öffentliche Hand zukünftig noch gute Leistungen für Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft bringen kann.
Denn seit Jahrzehnten beherrscht die neoliberale Ideologie die Wirtschaftspolitik und propagiert einen „schlanken Staat“. Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche höhlten die öffentliche Einnahmebasis aus. Gleichzeitig wurden immer neue Schuldenbremsen und -regeln geschaffen, die dem Staat eine Kreditaufnahme erschwerten. Ein flächendeckender Sparkurs folgte.
Jahrelang investierte der Staat noch nicht einmal genug, um die bestehende Infrastruktur zu erhalten, geschweige denn, sie zu modernisieren und auszubauen. Gleichzeitig wurden öffentliche Unternehmen privatisiert und auf Gewinnerzielung getrimmt. Der öffentliche Auftrag, flächendeckende, gute und günstige Versorgung, geriet in den Hintergrund. Heute zeigt sich die Auswirkung dieser Politik: Probleme beim öffentlichen Verkehr, marode Straßen und Schulgebäude und jahrzehntelanges Versagen bei der flächendeckenden Breitband-Versorgung.
Auch die Kürzungen beim Personal blieben nicht ohne Folgen: Allein in den kommunalen Planungsbehörden wurden laut KfW zwischen 2006 und 2015 rund 9.200 Vollzeit-Jobs abgebaut – Personal, das heute bei der Umsetzung von Baumaßnahmen fehlt. Planungen verzögern sich, Gelder können nicht abgerufen werden.
Quelle: WSI Tarifarchiv
Anderswo wurden Arbeitsbedingungen durch Privatisierungen und Auslagerungen verschlechtert. Beispiel Flughäfen: Was heute Sicherheitsdienste machen, wurde früher oft direkt durch die Bundespolizei erledigt. Schließlich geht es um die Sicherheit der Flugpassagiere und der Luftfahrt insgesamt. Zum Glück konnte die Gewerkschaft ver.di in diesem Bereich jetzt anständige Lohnerhöhungen durchsetzen.
Denn beim Privatisierten, wie beim nicht privatisierten Teil des Öffentlichen Dienstes, bei Sicherheitspersonal, Lehrern oder in Baubehörden, gilt: Es wird immer schwieriger, den enormen Personalbedarf auch zu decken. Die Zukunftsfähigkeit Deutschlands hängt aber auch von einem funktionierenden Staat ab. Deshalb muss die öffentliche Hand wieder attraktiver werden für gut ausgebildete, motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Seit Jahrzehnten wachsen die Löhne im Öffentlichen Dienst unterdurchschnittlich (siehe Grafik). Es ist höchste Zeit wieder aufzuholen! Die Gewerkschaftsseite fordert deshalb in den aktuellen Tarifverhandlungen mit den Bundesländern zu Recht sechs Prozent und mindestens 200 Euro mehr Lohn. Und selten hatte auch die Arbeitgeberseite so gute Voraussetzungen und so viel Spielraum, wie derzeit. Schließlich hat die gute Konjunktur der letzten Jahre viel Geld in die öffentlichen Kassen gespült.
Wenn die Politik jetzt verantwortlich handelt, erteilt sie wohlfeilen Forderungen nach weiteren Steuergeschenken für Reiche und Konzerne eine Absage und investiert stattdessen in Deutschlands Zukunft. In bessere Infrastruktur, aber auch in bessere Entlohnung und Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst. Damit der Staat auch morgen noch handlungsfähig ist.