Das private Nettovermögen der Deutschen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Leider extrem ungleichmäßig verteilt, denn die reichsten 10 Prozent haben am stärksten profitiert. Das Fundament ihres Geldes sind meist hohe Erbschaften. Diese Ungerechtigkeit könnte durch eine Erbschaftssteuer mit höheren Spitzensteuersätzen beseitigt werden.
Europas Staaten haben sich mit dem Fiskalpakt zum „Sparen bis in alle Ewigkeit" verpflichtet. Auf Sparzwang folgen Lohn-, Renten- und Sozialkürzungen wie aktuell in den Krisenländern Südeuropas. Statt mit Zukunftsinvestitionen für Wachstum zu sorgen und die Menschen in Lohn und Brot zu bringen, soll die breite Bevölkerung die Zeche für eine Krise zahlen, die die Finanzjongleure verursacht haben.
Und auch hierzulande soll der Fiskalpakt den Staat auf Diät setzen. Aber es ist nicht einzusehen, dass die Hälfte der Bevölkerung, die Null Vermögen besitzt und die 20 %, die von der Hand in den Mund leben, die Kosten für die Bankenrettungen übernehmen müssen, während der stetig wachsende Reichtum der oberen 10 % weiterhin unangetastet bleibt.
Statt mit dem Fiskalpakt den Abbau von Sozialleistungen und öffentlichen Aufgaben zu erzwingen, muss die Politik ihre Aufmerksamkeit endlich dem explodierenden Reichtum widmen. Das Bundesfinanzministerium beziffert das private Nettovermögen aktuell auf 8.600 Mrd. €. Die besagte 10 % Reichen besitzen allein 5.160 Mrd. € an Netto-Geld- und Immobilienvermögen. Anders als die Reichenlobby behauptet, wurde ein Großteil ihres Reichtums nicht durch eigene Arbeit geschaffen. Im Gegenteil: Ihr Vermögen fußt in der Regel auf hohen Erbschaften, die kaum besteuert werden.
Zwar kochen bei der Erbschaftsteuer die Emotionen besonders hoch. Schnell ist von Enteignung die Rede. Viele fürchten, dass im Erbfall von Omas Häuschen nicht viel übrig bleiben würde. Bewusst werden dabei die großzügigen Freibeträge (500.000 € für Partner, 400.000 € für jedes Kind) unterschlagen. Und welches Einfamilienhaus kommt überhaupt in die Nähe dieser Freibetragsgrenzen? Letztlich kommen die Villen und Jachten der Reichen und Schönen auf solche Werte.
Selbst diese werden aber nur geringfügig besteuert. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass kaum Menschen von der Erbschaftsteuer betroffen sind. 2009 mussten nur 177.000 Deutsche Erbschaftsteuer zahlen. 470 Fälle erbrachten allein 25,7 % der festgesetzten Steuer.
Der freiwillige Verzicht des Staates auf nennenswerte Einnahmen aus der Erbschaftsteuer ist angesichts angestauter öffentlicher Investitionen und der klammen Haushaltslage kaum nach vollziehbar.
Werden die Erbschaften auch zukünftig fast unversteuert an die nächste Generation weitervererbt, so ist der Schaden für die Staatskasse angesichts der Erbmasse der nächsten Jahre (siehe Grafik in der Anlage) erheblich. Jedes Jahr werden ca. 200 Mrd. € vererbt, während sich die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer im Bagatellbereich bewegen: 4,246 Mrd. € in 2011. Die letzte „Reform" von 2008 bewirkte Mindereinnahmen von rund 1 Mrd. €. Die Kfz-Steuer bringt etwa das Doppelte ein.
Höhere Erbschaftsteuern zu fordern, hat nichts mit Neid zu tun. Es ist gerecht, wenn leistungslos ererbtes Vermögen angemessen besteuert wird – und ökonomisch vernünftig. Denn es wird tendenziell gehortet statt investiert. Das muss sich ändern.