Deutscher Gewerkschaftsbund

13.10.2023
Digitale Verwaltungsangebote

Deutschland hat nach wie vor Nachholbedarf

71 Prozent der Deutschen sehen einen Vorteil darin, Behördendienste digital abzuwickeln – das ist eines der zentralen Ergebnisse des aktuellen eGovernment MONITOR 2023. Zugleich sind 42 Prozent der Bürger*innen laut Studie mit dem derzeitigen Angebot unzufrieden. Das Ziel von nutzer*innenfreundlichen und medienbruchfreien digitalen Verwaltungsleistungen bleibt also auch 2023 noch Zukunftsmusik.

mobile Nutzung E-Government in Deutschland nach Bundesländern

eGovernment MONITOR 2023 / Initiative D 21und TUM

Der seit 2010 jährlich erhobene eGovernment MONITOR gibt Auskunft über den aktuellen Stand der Digitalisierung in der deutschen Verwaltung und vergleicht diesen mit den Nachbarstaaten Österreich und Schweiz. Dabei misst er Fortschritte, identifiziert Schwachstellen und zeigt, ob die digitale Transformation der Verwaltung bei den Bürger*innen in Deutschland ankommt. Wie jedes Jahr wurden für diese repräsentativen Umfrage Bürger*innen nach den persönlichen Erfahrungen mit der digitalen Verwaltung befragt. Die Kategorien unterteilen sich in Bekanntheit, Nutzung und Zufriedenheit bzw. Barrieren und Einstellung. Das Resümee für 2023 lautet: Gleichwohl es hierzulande Fortschritte zu bemerken gibt, hängt die Digitalisierung der deutschen Verwaltung, gerade was Kundenorientierung und Spektrum der digitalen Aufgaben betrifft, hinterher.

Die Ergebnisse im Überblick:

  • Der Weg zum Online-Angebot

    Um E-Government-Angebote nutzen zu können, müssen Bürger*innen wissen, dass die Leistung bei Bedarf online wahrgenommen werden kann und wo sie ihr Anliegen online abwickeln können. Hier gibt es laut Monitor noch viel Luft nach oben: In Österreich, Deutschland und der Schweiz sind nach wie vor die bekannten Suchmaschinen der bevorzugte Einstieg, um relevante Informationen zu Verwaltungsleistungen zu finden. Wird nicht dieser Weg gewählt, so gehen die Bürger*innen eher über die Internetseite der Kommune als über die des Bundeslandes oder des Bundes.

    Bei den Generationen Y und Z nahm die Suche nach eGovernment-Leistungen über Suchmaschinen zu, bei über 55-jährigen nahm sie hingegen ab. Auf der anderen Seite stieg bei allen befragten Altersklassen die Anzahl der Suchen über die Internetseite der Behörden und Ämter der Gemeinde (von 37 Prozent auf 41 Prozent). Unterdessen zeigt sich allerdings, dass Deutschland was die Bekanntheit des Bundesportals „verwaltung.bund.de“ betrifft, Nachholbedarf hat. Während in Österreich (80 Prozent) und der Schweiz (68 Prozent) deutlich mehr als die Hälfte der Bevölkerung das Bundesportal kennen, sind es in Deutschland lediglich 30 Prozent. Zudem nutzen es in Österreich 60 Prozent der Bevölkerung und in der Schweiz 40 Prozent, während es in Deutschland nur 6 Prozent sind.

  • Nutzungsperspektiven

    Deutschland erreicht - dank Zuwachs gegenüber dem Vorjahr - seine bislang höchste Nutzungsquote für die digitalen Angebote der Verwaltung (56 Prozent), während Österreich (70 Prozent) und die Schweiz (60 Prozent), auf hohem Niveau kaum Veränderung zeigen. Bemerkenswert ist die Entwicklung der Bürger*innen, welche für die digitalen Angebote ein mobiles Endgerät wie Smartphone oder Tablet nutzten. Hierzulande stieg der Anteil von 43 Prozent auf 54 Prozent. Damit liegt Deutschland zwischen der Schweiz (53 Prozent) und Österreich (56 Prozent). Vor allem Generation Y sowie Z nimmt das mobile Angebot an. Außerdem nutzen Frauen mit 59 Prozent häufiger die mobilen Möglichkeiten als Männer mit 50 Prozent.

    Je nach Leistung, die erbracht werden soll, variiert die Nutzung der digitalen Angebote stark. Während in Deutschland 83 Prozent der befragten Personen ihre Einkommensteuererklärung in den vergangenen drei Jahren online einreichten, sind es bei einer Wohnsitzan- oder ummeldung lediglich 40 Prozent. Es macht sich hierbei bemerkbar, dass die meisten Offlinedurchführungen auf Gewohnheit zurückzuführen sind. Demnach nutzen 40 Prozent der befragten Personen den Offlineweg aufgrund dessen, 19 Prozent haben Angst vor Fehlern bei der Onlinebearbeitung und 12 Prozent empfinden die Bearbeitung als zu kompliziert oder umständlich.

    Bei Personen, die bereits Erfahrung mit einer bestimmten Onlineleistung gemacht haben, ist die Wiedernutzungsbereitschaft für diese Leistung über den Onlineweg im Übrigen außerordentlich hoch. In Deutschland liegt sie bei 94 Prozent.

  • Zufriedenheit und Nutzungslücke

    Mit Blick auf die Zufriedenheit mit dem E-Government insgesamt lässt sich feststellen, dass die deutschen Nutzer*innen deutlich unzufriedener sind als ihre Nachbar*innen im Süden. Nur 58 Prozent gaben an „äußerst oder etwas zufrieden“ zu sein. Hingegen sind es in der Schweiz 78 Prozent und in Österreich 75 Prozent. Die größte Unzufriedenheit lässt sich auf eine mangelnde Durchgängigkeit (56 Prozent), eine unzureichende Bekanntheit der Angebote (37 Prozent) sowie eine mangelnde Übersichtlichkeit der Webseiten (36 Prozent) zurückführen. Die größten Nutzungsbarrieren ergeben sich aus einer mangelnden Durchgängigkeit, das heißt nicht alle Schritte komplett online durchführen zu können sowie aus einer fehlenden Bekanntheit. Gut Zwei Drittel der Bürger*innen trauen sich laut der Umfrage zu, E-Government zu nutzen. 36 Prozent sagen hingegen, dass sie keine neuen Kompetenzen erlernen möchten, um digitale Angebote meistern zu können. Auch die Affinität, Dinge lieber online als offline erledigen zu wollen, liegt in Deutschland bei zwei Dritteln. Lediglich 13 Prozent sagen, dass sie den Offlineweg lieber nutzen, auch wenn ein digitales Angebot vorliegt. Das Vertrauen in digitale Technologien hingegen ist in der Schweiz am stärksten ausgeprägt und erreicht in Österreich und Deutschland weniger als die Hälfte der Bevölkerung.

    Auch das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen ist in Deutschland im vergangenen Jahr noch einmal deutlich zurückgegangen und rutschte von 38 Prozent im Jahr 2022 auf 35 Prozent im Jahr 2023. Niedriger ist das Vertrauen nur in Österreich mit 34 Prozent. Im Vergleich dazu sind die Schweizer*innen zufrieden. 61 Prozent sagen, sie vertrauen dem Staat und seinen Institutionen. Die Erwartungshaltung gegenüber der Verwaltung hat sich hingegen im Vergleich zum letzten Jahr nicht verändert. Zwei Drittel der Bürger*innen aller drei Länder erwarten, dass die Verwaltung so einfach und bequem zu nutzen ist wie Privatunternehmen. Zudem empfinden 59 Prozent der Bürger*innen in Deutschland den Kontakt mit Behörden als sehr anstrengend. In Österreich sind es 52 Prozent und in der Schweiz 46 Prozent.

Der Bericht aus Sicht des DGB

Für Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende, sind die Ergebnisse des aktuellen eGovernment MONITOR erschreckend: "In Deutschland vertraut laut eGovernment MONITOR nur noch ein Drittel der Bevölkerung dem Staat. Das ist alarmierend. Dieser Vertrauensverlust drückt sich auch immer mehr in Übergriffen gegenüber den Beschäftigten von Bund, Ländern und Kommunen aus. Die Ursachen für diese Entwicklung sind bekannt: akuter Personalmangel, marode Infrastrukturen und langwierige und teils komplizierte Verwaltungsvorgänge. Es braucht nun endlich mehr Investitionen in Personal, in den Ausbau einer modernen, digitalen Verwaltung, in flächendeckende Bildung, Pflege und Krankenversorgung, in einen funktionierenden Nah- und Fernverkehr und natürlich auch in Sicherheit. Der Staat muss für die Menschen da sein und ihr Leben spürbar besser machen.“

Zur Studie: Der eGovernment MONITOR 2023 ist eine Studie der Initiative D21 und der Technischen Universität München unter Schirmherrschaft des Bundesministeriums des Innern und für Heimat, durchgeführt von Kantar. Er gibt einmal im Jahr Auskunft über den aktuellen Stand der Digitalisierung in der deutschen Verwaltung und vergleicht diesen mit den Nachbarstaaten Österreich und Schweiz. Dazu werden einmal jährlich Bürger*innen nach den persönlichen Erfahrungen mit der digitalen Verwaltung befragt. Die Kategorien unterteilen sich in Bekanntheit, Nutzung und Zufriedenheit bzw. Barrieren und Einstellung. Hier geht es zur Studie https://initiatived21.de/egovmon23

 


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Dieser Artikel gehört zum Dossier:

Digitalisierung im öffentlichen Dienst

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