Am 9. Dezember 2023 einigten sich ver.di, GEW, GdP und IG BAU mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder. Bis zum 12. Januar lief die ver.di-Mitgliederbefragung, in der mehrheitlich für die Annahme der Einigung plädiert wurde. Mit Daniela Ortmann, Vorsitzende des ver.di-Bundesausschusses Beamtinnen und Beamte sowie des Beamtenausschusses für Berlin und Brandenburg, haben wir über die Tarif- und Besoldungsrunde 2023 gesprochen.
Die Streikbeteiligung und das Engagement der Beschäftigten war sehr groß. Was hat sie besonders mobilisiert?
Ja, die Teilnahme an den Streiks war sehr erfreulich; viele Kolleginnen und Kollegen hatten genug Wut im Bauch. Schließlich merken wir alle die Folgen der Inflation in unserem Geldbeutel. Gerade in den unteren Entgeltgruppen müssen die Menschen häufig einen Zweitjob übernehmen oder sich sehr einschränken, damit sie mit dem Gehalt den ganzen Monat über hinkommen. Dass während der Tarifrunde seitens der Arbeitgebervertreter auf die Möglichkeit, Wohngeld zu beantragen, verwiesen wurde, ist als sehr zynisch aufgenommen worden und hat die Stimmung zusätzlich angeheizt. Allerdings wundere ich mich schon, dass nicht noch viel mehr Menschen mitgestreikt haben, denn in den Dienststellen ist die Unzufriedenheit allgemein hoch gewesen.
Ich muss kritisch anmerken, dass die Teilnahme der Beamtinnen und Beamten an der Tarifrunde weiterhin deutlich zu gering ausfiel, auch wenn wir mehr waren als in der Vergangenheit. Da haben anscheinend immer noch viele nicht verstanden, dass die Besoldungsrunde der Tarifrunde folgt und es in diesen Zeiten an uns Beamtinnen und Beamten ist, sich aktiv selbst zu engagieren. Es ist auch schlicht ein Gerücht, dass wir uns nicht beim Streik dazugesellen dürfen. Wir dürfen nicht streiken, aber in unserer Freizeit tun, was wir wollen, quasi beim Streikmarsch mitdemonstrieren. Da ist viel Luft nach oben und es muss noch mehr in die Diskussion mit den Kolleginnen und Kollegen gegangen werden.
Kay Herschelmann
Das Land Berlin will das Tarifergebnis auf die Besoldung und Versorgung übertragen. Ziel sei laut Koalitionsvertrag darüber hinaus aber, das Bundesniveau zu erreichen. Wie konkret sind diese Pläne?
Die Zusicherungen zur Übernahme des Tarifergebnisses wurden sowohl vom Regierenden Bürgermeister als auch vom Finanzsenator gemacht und da vertrauen wir drauf. Was das Erreichen des Bundesbesoldungsniveaus angeht, ist von einem mehrjährigen Plan die Rede, ohne dass bisher konkretere Angaben für die Umsetzung gemacht wurden. In der Zwischenzeit sind die Haushaltslagen wieder angespannt… wir bleiben hierzu im Gespräch und werden die Umsetzung konstruktiv kritisch begleiten, denn auch die Arbeitnehmer*innen und Arbeitnehmer sollten hierbei nicht aus dem Fokus geraten. Die verschiedenen Statusgruppen innerhalb Berlins müssen innerhalb der Behörden entspannt zusammenarbeiten können.
Die Tarifeinigung enthält nun eine Klausel, mit der die in Berlin - ohne vorherige Absprache in der TdL - eingeführte Hauptstadtzulage nachträglich legimitiert wird. Ist sie tatsächlich geeignet, den Personalmangel zu beheben und sollte das Geld nicht in insgesamt bessere Arbeitsbedingungen fließen?
Die Überlegung, ob die Hauptstadtzulage geeignet ist, Personalmangel zu beheben, hat die Berliner Landespolitik offensichtlich bei ihrer Einführung damals bejaht. Tatsache ist, dass die Hauptstadtzulage mittlerweile für die Beschäftigten als ein fester Einkommensbestandteil angesehen wird und daher ist die Tarifierung dieser Zulage eine große Erleichterung. Soweit ich das verstanden habe, werden die Details noch zwischen ver.di und dem Land Berlin nachverhandelt. Ohne diesem vorzugreifen, gestatte ich mir hier den Hinweis, dass die Kappung der Zulage ab A/E 14 dann auch überdacht werden muss. Das Leben in der Hauptstadt ist für alle im öffentlichen Dienst gleich teuer. Mit den Grundsätzen des Berufsbeamtentums ist diese Kappung nicht vereinbar – sie sehen ein Abstandsgebot zwischen den Statusgruppen vor, welches durch die Kappung zwischen A 13 und A 14 (Oberamtsrätinnen/Regierungsräten und Oberregierungsrät/inn/en) nicht eingehalten wird. Die Tarifierung bietet die Gelegenheit, diesen Fehler für beide Statusgruppen auszubügeln.