Deutscher Gewerkschaftsbund

22.09.2023

Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG): Zwischen Gemeinwohlorientierung und kommerziellen Interessen

Am 30. August 2023 wurde der Entwurf eines "Gesundheitsdatennutzungsgesetz" (GDNG) vom Kabinett angenommen. Neben dem Digitalgesetz ist das GDNG ein entscheidender Bestandteil zur Umsetzung der Strategie der Bundesregierung zur Digitalisierung des Gesundheitswesens und der Pflege und zielt darauf ab, die Nutzung von Gesundheitsdaten für sekundäre Zwecke, insbesondere für die medizinischen Forschung, zu verbessern.

Mann im Anzug tippt auf visualisierte Datenströme

DGB/olegdudko/123rf.com

Das GDNG hat das ehrgeizige Ziel, die Nutzung von Patient*innendaten für Forschung und Innovation zu erleichtern, immer unter der Prämisse, das Wohl der Patient*innen und das Gemeinwohl als Hauptziel im Fokus zu behalten. Es steht außer Frage, dass hochwertige, strukturierte und verknüpfte Gesundheitsdaten von entscheidender Bedeutung sind, um wissenschaftliche Erkenntnisse zu fördern und eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Derzeit gibt es jedoch in Deutschland zahlreiche Hürden, die die Nutzung von aggregierten Gesundheitsdaten aus verschiedenen Quellen erschweren. Mit dem GDNG sollen diese Barrieren abgebaut und der Zugang zu notwendigen Daten für Forschungszwecke erleichtert werden. Dieses Ziel ist natürlich zu befürworten, bei der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Umsetzungen gibt es jedoch noch erheblichen Verbesserungsbedarf.

Ein zentraler Kritikpunkt betrifft die Sicherstellung des Datenschutzes und die Wahrung der Rechte der Patient*innen. Das GDNG muss dementsprechend einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Schutz der Grundrechte der Versicherten und dem öffentlichen Interesse an der Gesundheitssicherheit herstellen. In seiner aktuellen Form erfüllt das GDNG jedoch nur bedingt die notwendigen Schutzmechanismen. So fehlen Regelungen zur Gewährleistung von Transparenz bei der Weitergabe der Daten und Kontrollen sowie technische Sicherheitsvorkehrungen im Sinne der Patient*innen.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des GDNG-Entwurfs ist die Einrichtung einer Datenzugangs- und Koordinierungsstelle (DGK). Diese soll als Mittlerin zwischen Datenhaltern und Datenanwendern fungieren und die Anträge auf Datennutzung koordinieren und genehmigen bzw. ablehnen. Hierbei sollen vorhandene Datenquellen gebündelt und für Antragsteller zugänglich gemacht werden, sofern die notwendigen Kriterien erfüllt sind. Die DGK wird auch einen öffentlichen Metadaten-Katalog führen, um Informationen über die Datenherkunft transparent zu gestalten. Aus Sicht des DGB ist die Ausgestaltung der DGK und ihre Arbeitsweise bisher noch nicht ausreichend geregelt. Dies ist aber im Hinblick auf die zentrale Rolle der DKG bei der Genehmigung der Datennutzung dringend geboten, damit transparent nachvollzogen werden kann, welcher Akteur zu welchem Zweck Patientinnen*daten verarbeiten darf. Gleichzeitig müssen Verstöße flächendeckend überwacht und empfindlich bestraft werden. Auch die Nutzung pseudonymisierter Daten statt vollständig anonymer Daten wirft Datenschutzbedenken auf. Darüber hinaus werden wichtige Patient*innenrechte wie das Recht auf Auskunft, Löschung und Einschränkung aus Sicht vieler Datenschutzexpert*innen nicht ausreichend berücksichtigt.

Zusätzlich betont der DGB die Notwendigkeit eines Ausgleichsmechanismus, wenn private Unternehmen von der Nutzung der Versichertendaten wirtschaftlich profitieren. Dieser Mechanismus soll sicherstellen, dass die Versicherten angemessen entschädigt werden, wenn ihre Daten kommerziell genutzt werden. Dies ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Vorteile der Datennutzung gerecht verteilt werden und nicht primär kommerzielle Interessen dienen. Zweifelsohne stellt das GDNG einen wichtigen Schritt hin zu einer besseren Gesundheitsforschung dar. Es bleibt jedoch entscheidend, Datenschutzbedenken zu adressieren und sicherzustellen, dass die Interessen der Versicherten geschützt werden.


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