Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse graben interessierte Kreise wieder die üblichen ideologischen Rezepte aus: Sparen, sparen, sparen und den Gürtel enger schnallen, sei jetzt angesagt. Kürzungen im Sozialbereich und andere abenteuerliche Sparvorschläge machen die Runde.
Zum Glück mehren sich auch die Stimmen derjenigen, die sich gegen einen Sparkurs und für eine Reform der investitionsfeindlichen Schuldenbremse aussprechen. Denn fehlende Investitionen in Klimaschutz, Infrastruktur, Bildung etc. kosten die Allgemeinheit am Ende mehr Geld als man glaubt einzusparen. Auch im Bereich Wohnen.
Ein Drittel aller Haushalte sind bereits durch ihre Mietkosten überbelastet. Sie zahlen mehr als 30 Prozent oder gar 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete. Dadurch fehlen ihnen die Mittel für konsumtive Ausgaben, was Binnennachfrage und Konjunktur schwächt. Wie groß die finanzielle Not ist, zeigt sich in aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts: 5,5 Millionen Menschen wohnen in Haushalten, die ihre Wohnung aus finanziellen Gründen nicht angemessen heizen können.
Die Wohnungskrise ist ein sozialpolitischer Skandal, der auch immer mehr zu einem wirtschaftspolitischen Problem wird. In vielen Berufszweigen kann man es sich heutzutage kaum noch leisten, einen Job in einer Großstadt anzunehmen, wenn nicht auch eine Wohnung gestellt wird. Eine Umfrage der IHK NRW zeigt, dass für 2 Drittel der befragten Unternehmen ein Mangel an Wohnraum die Gewinnung von Fachkräften erschwert. Folge der hohen Wohnkosten: die Mobilität der Arbeitnehmer*innen nimmt ab, Planstellen können nicht besetzt werden.
Das Problem ist alles andere als neu, hat sich aber durch die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine verschärft. Trotz der massiven sozialen und wirtschaftlichen Folgen zeigt sich die Bundesregierung in der Wohnungspolitik sehr verhalten. Sie hat es bislang nicht geschafft, ihre zentralen wohnungspolitischen Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Trotz aufgestockter Mittel für den sozialen Wohnungsbau wurden 2022 nur 22.545 von den angestrebten 100.000 Sozialwohnungen gebaut. Um diese Zahl zu erreichen, müssten Bund und Länder 13 Milliarden Euro pro Jahr bereitstellen – ungefähr doppelt so viel wie bislang.
Grafik: DGB (eigene Darstellung), Quelle: IW Köln
Zudem lässt die Einführung der Neuen Wohngemeinnützigkeit auf sich warten. Mit diesem Instrument könnten dauerhaft preisgebundene Wohnungen geschaffen werden. Um einen relevanten gemeinnützigen Sektor auf die Beine zu stellen, muss aber ebenfalls Geld in die Hand genommen werden. Davor schreckt die Ampel zurück.
Völlig kostenlos wäre die Umsetzung der mietrechtlichen Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zu haben. Doch das Justizministerium blockiert die vereinbare Verlängerung der Mietpreisbremse und Absenkung der Mieterhöhungsmöglichkeiten.
Auch im Bereich der Bodenpolitik zeigt die Bundesregierung kein großes Engagement, obwohl Bauland nach wie vor Kostentreiber Nummer eins ist, wie aktuelle Zahlen zeigen. Nicht einmal die im Koalitionsvertrag vereinbarten Kreditermächtigungen für die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sind umgesetzt.
Nach 2 Jahren im Amt geben Mieterbund und DGB in ihrer Bilanz der Bundesregierung in Sachen Wohnungsbau, Mietrecht und Bodenpolitik die Note "mangelhaft".
DGB/hqrloveq/123rf.com
Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.
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