Deutscher Gewerkschaftsbund

27.11.2019

Das Klimapaket – Eine gewerkschaftliche Einordnung

Die Bundesregierung hat sich in letzter Zeit intensiv der Klimapolitik gewidmet und etliche Gesetzgebungsprozesse angeschoben. Dabei war es nicht leicht, den Überblick zu behalten. Was steckt hinter dem Klimapaket, was beinhaltet es und wie sind enthaltene Elemente zu bewerten?

Kohlekraftwerk vor Abendhimmel

DGB/kodda/123rf.com

Der Handlungsdruck in Deutschland ist groß. Mit hoher Gewissheit werden die Klimaziele für 2020 verfehlt und auch bei den langfristigen Zielen wird es eng. Im September legte deshalb das eigens eingerichtete Klimakabinett unter Federführung von Kanzlerin Merkel und Umweltministerin Schulze das sogenannte Klimapaket vor, das neben einem Klimaschutzgesetz auch ein umfangreiches Maßnahmenprogramm enthält.

Ein Großteil des Klimaschutzpakets wurde am 15.11.2019 im Parlament verabschiedet. Darunter das Klimaschutzgesetz, das den Maßnahmen einen Rahmen gibt. Das Gesetz schreibt den federführenden Ministerien klare Verantwortlichkeiten für die Umsetzung von Maßnahmen und das Erreichen der festgelegten Ziele für die einzelnen Sektoren zu. Für jeden Sektor gibt es klare Zielvorgaben, die jährlich bis 2030 erreicht werden müssen. So muss das Verkehrsministerium mit Maßnahmen dafür sorgen, dass der Ausstoß von Treibhausgasemissionen im Verkehr und bei der Mobilität im gesetzlichen Maß bleiben. Gleiches gilt für die Bereiche Landwirtschaft oder bei Gebäuden.

Langfristige Planungssicherheit für Beschäftigte entscheidend

Der DGB hat sich im Vorfeld für einen langfristigen Planungshorizont stark gemacht, der Sicherheit für Beschäftigte sowie für private und öffentliche Investitionen schaffen kann. Das Klimaschutzgesetz beinhaltet diese verbindlichen Leitplanken. Nun muss auf einen investitionsorientierten Umbaupfad gesetzt werden, der die wirtschaftlichen Chancen des Klimaschutzes im Sinne der Modernisierung der industriellen Wertschöpfung nutzt und so hochwertige Arbeitsplätze sichert und schafft.

Dabei muss die notwendige ökologische Transformation mit gesellschaftlichem Zusammenhalt, nachhaltigem Wohlstand und guter Arbeit zusammengebracht werden. An diesen Anforderungen bemisst sich die Bewertung der Maßnahmen, die im Klimaschutzprogramm 2030 vorgestellt wurden. Das Klimaschutzprogramm folgt einem vielseitigen Ansatz. Mittels eines Instrumentenmixes aus Förderung, CO2-Bepreisung, Entlastungen und ordnungsrechtlichen Maßnahmen soll ein ausgewogener Rahmen geschaffen und gleichzeitig moderate Signale für den Umstieg auf klimafreundliche Technologien gesetzt werden. Offen ist, ob das Klimaschutzprogramm ausreicht, die Sektorziele 2030 zu erreichen, da die Folgenabschätzungen bisher fehlen.

Reduktion der Emissionen nach Sektoren bis 2020

Quelle: UBA 2019/DGB

Ein CO2-Preis allein ist wirkungslos und ungerecht

Eine Bewertung des Programms, die sich ausschließlich auf die Höhe des CO2-Preises konzentriert, wird den Anforderungen vor denen wir stehen, nicht gerecht. Denn es gibt nicht das „eine“ Instrument. Vielmehr bedarf es aufgrund der Wirtschaftsstruktur und den Investitionslogiken in den verschiedenen Sektoren, aber auch mit Blick auf die Verteilungsgerechtigkeit, eines breiten Mixes an Instrumenten, die sich nicht ausschließlich auf neoliberale Marktinstrumente versteifen.

So gibt es gute Ansätze, die zügig umgesetzt werden sollten. Dazu zählen die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung, die Steigerung der finanziellen Mittel für den ÖPNV, mehr Geld für die Bahn oder die Förderung der Ladesäuleninfrastruktur sowie die Umsetzung der Empfehlungen der Kommission  „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ im Energiebereich.

Allerdings zeichnen sich auch offene Widersprüche ab. Das betrifft beispielsweise den Ausbau der erneuerbaren Energien. Der für 2030 angenommene Stromverbrauch und die daraus abgeleiteten Ausbaumengen bei gleichzeitig diskutierten Flächenrestriktionen passen nicht zusammen. Auch werden alle marktorientierten Anreize und regulatorischen Maßnahmen ihre Lenkungswirkung verfehlen, wenn keine klimafreundlichen Alternativen zur Verfügung stehen. Denn ob Alternativen geschaffen werden, hängt zumeist nicht vom einzelnen Verbraucher ab. So entscheidet der Vermieter, ob ein Haus saniert wird oder nicht. Den Ausbau des ÖPNV oder des Schienenverkehrs entscheidet die öffentliche Hand. Auch, wenn Ladesäulen für E-Autos in der Fläche fehlen, kann ein einzelner das nicht ändern. Daher ist es kritisch zu sehen, dass die geplanten Investitionssummen deutlich unter dem notwendigen Bedarf bleiben. Der DGB fordert daher schon lange eine massive ökologische Investitionsoffensive mit den Schwerpunkten Mobilität, Infrastruktur und Gebäudesanierung.

Klimaschutzpolitik muss auch Verteilung im Blick haben

Gleichzeitig müssen die verteilungs- und sozialpolitischen Auswirkungen betrachtet werden. Der DGB spricht sich gegen eine aus Konsumabgaben finanzierte Klimapolitik aus, die kleine und mittlere Einkommen überproportional belastet. Vielmehr müssen Investitionen über eine stärkere Besteuerung von Vermögen, Erbschaften und Kapital refinanziert werden. Eine restriktive Haushaltspolitik, die sich an schwarzer Null und Schuldenbremse orientiert, ist mit dem Erreichen der Klimaschutzziele nicht vereinbar.

Wie geht es weiter?

Das Klimaschutzgesetz, der nationale Emissionshandel sowie das Klima-Steuergesetz werden am 29.11.2019 im Bundesrat verhandelt. Dabei muss der Bundesrat dem Klima-Steuergesetz zustimmen, welches von Seiten der Bundesländer im Vorfeld kritisch kommentiert wurde. Im Fokus steht die Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Aufgrund von Förder- und Entlastungsmaßnahmen wie zum Beispiel der Absenkung der Mehrwertsteuer auf Bahnreisen erwarten Länder und Gemeinden weniger Einnahmen und gleichzeitig Mehrausgaben, denen keine Entlastung gegenüber stünde. Deshalb fordern sie zur Klärung ein Vermittlungsverfahren, dessen Ausgang derzeit offen ist.

Mehr Informationen gibt es im Klartext zur CO2-Bepreisung und in unseren Stellungnahmen zum Klimaschutzgesetz oder zum Brennstoffemissionshandelsgesetz.


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