Die EU-Kommission hat im März einen Entwurf zur Änderung der Entsenderichtlinie vorgelegt. Das Ziel: Lohndumping besser bekämpfen. Dafür reicht aus Sicht des DGB der Vorschlag der Kommission aber bei Weitem noch nicht aus. Noch frappierender: Die mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten haben den ohnehin noch zu schwachen Entwurf offiziell "gerügt" und wollen ihn komplett zu Fall bringen.
Colourbox.de
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte im Jahr 2014 angekündigt, im Laufe seiner Amtszeit die Situation für entsandte Beschäftigte zu verbessern. Er wolle das Prinzip durchsetzen, dass "gleiche Arbeit am gleichen Ort gleich vergütet werden muss".
Die Entsenderichtlinie soll im Kern dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus einem EU-Staat, die als "entsandte Beschäftigte" einer Firma ihres Heimatlandes in einem anderen EU-Staat arbeiten, gegenüber den Beschäftigten in diesem anderen EU-Staat nicht benachteiligt werden – zum Beispiel bei Arbeitszeiten, Urlaub und Mindestlöhnen. So kann etwa verhindert werden, dass Beschäftigte aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten gegeneinander ausgespielt und Lohndumping betrieben wird. In der Praxis gibt es aber Probleme bei der Umsetzung der Richtlinie, so der DGB in einer Stellungnahme: "Lohn- und Sozialdumping sind an der Tagesordnung, die Kontrollen sind unzureichend."
Im März 2016 wurde schließlich ein Entwurf für eine Änderung der Entsenderichtlinie vorgelegt. In einer Stellungnahme begrüßt der DGB zwar das grundsätzliche Ziel der Kommission, gegen Lohndumping bei entsandten Beschäftigten vorzugehen. Allerdings "bleiben die Vorschläge der Kommission hinter den Erwartungen des DGB zurück und können allenfalls als erster Schritt in die richtige Richtung gewertet werden", so die DGB-Stellungnahme.
Vor allem in den mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten gibt es aber großen Widerstand gegen die Überarbeitung der Entsenderichtlinie. Die mittel- und osteuropäischen EU-Länder sowie Dänemark gehen deshalb mit einer so genannten "Subsidiaritätsrüge" gegen die EU-Kommission vor. Eine solche Rüge zwingt die EU-Kommission, ihre Vorschläge noch einmal zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern oder ganz zurückzuziehen. Die Rüge gegen die Kommission kann als "gelbe Karte" gezogen werden, wenn genügend Mitgliedstaaten sich ihr anschließen. Im Fall der Entsenderichtlinie ist das den mittel- und osteuropäischen EU-Mitgliedern gelungen. Eigentlich soll die Rüge verhindern, dass die Kommission gegen das "Subsidiaritätsprinzi" verstößt, also Themen an sich zieht, die eigentlich besser nationalstaatlich geregelt werden könnten.
Aus Sicht des DGB ist das aber ein vorgeschobenes Argument: Denn grenzüberschreitende Tätigkeiten von Beschäftigten, um die es in diesem Fall geht, können per se gar nicht national geregelt werden, heißt es in der DGB-Stellungnahme: "Aus Sicht des DGB missbrauchen die betroffenen Mitgliedstaaten vielmehr ein wichtiges demokratisches Instrument zur Stärkung der Rechte nationaler Parlamente, um politisch gegen eine Initiative der Kommission vorzugehen. Damit fördern diese Mitgliedstaaten nicht nur weiter die Ausbeutung ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und den unfairen Wettbewerb, sondern schaden langfristig dem demokratischen und sozialen Europa. Der DGB erwartet, dass die Kommission ihren Vorschlag – ohne weitere Verzögerungen und Zugeständnisse an die Initiatoren der Rüge – in den Gesetzgebungsprozess bringt."
"Die Erfahrungen in der Praxis machen ein Handeln dringend erforderlich: Lohn- und Sozialdumping sind an der Tagesordnung, die Kontrollen sind unzureichend, die grenzüberschreitende Verfolgung von Ansprüchen ist schwierig und Billiganbieter fördern den unfairen Wettbewerb", kritisiert der DGB in seiner Stellungnahme. Konkret fordert der Gewerkschaftsbund deshalb unter anderem:
Alle Forderungen des DGB im Detail in der Stellungnahme zur Änderung der EU-Entsenderichtlinie
Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen ("Entsenderichtlinie")