Deutscher Gewerkschaftsbund

13.05.2019

Nationale Industriestrategie 2030

Der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat am 05.02.2019 seine lang erwartete Nationale Industriestrategie 2030 vorgelegt. Mit den vorgelegten strategischen Leitlinien wird Industriepolitik wieder auf die Agenda der Bundesregierung gehoben. Das Papier von BM Altmaier ist ein wichtiger Ausgangspunkt für weitere Diskussionen. Es bleibt jedoch in seinen Handlungsstrategien zu vage.

Hände Formen besseres Bild mit Sonnenaufgang aus unscharf gestellter Landschaft Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung Kohlekommission Kohle-Kommission Strukturkommission Wachstum Strukturwandel Beschäftigung Energiewende Erneuerbare Energien Alternative Energien Beschäftigungssicherung Energiesektor Arbeitsplatzerhalt Kohleabbau Infrastruktur

DGB/Mladen Koić/123RF.com

Technologischer Wandel, neue digitale Geschäftsmodelle und die Anforderungen der nationalen und internationalen Klimaschutzziele führen zu weitreichenden Veränderungen in den wirtschaftlichen Strukturen und Wertschöpfungsketten. Gleichzeitig verschärft sich im globalen Wettbewerb die Systemkonkurrenz, etwa durch Staatskapitalismus in China oder Neoprotektionismus in den USA. Vor diesem Hintergrund hat der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier am 5. Februar 2019 seine lange erwartete Nationale Industriestrategie 2030 vorgelegt. Mit den vorgelegten strategischen Leitlinien wird Industriepolitik wieder auf die Agenda der Bundesregierung gehoben. Das Papier von BM Altmaier ist ein wichtiger Ausgangspunkt für weitere Diskussionen. Es bleibt jedoch in seinen Handlungsstrategien zu vage.

Strukturwandel gestalten erfordert einen starken Staat

Der Staat hat sich in den letzten Jahren stark aus dem Wirtschaftsgeschehen zurückgezogen. Die Sicherung der Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und insbesondere die Gestaltung der sozial-ökologischen Transformation erfordern jedoch einen wirtschaftspolitisch starken und aktiven Staat. Der industriepolitische Entwurf von Peter Altmaier hat diese Zeichen der Zeit erkannt. Er beschreibt eine veränderte und stärkere Rolle des Staates und definiert dabei, in welchen Bereichen ein Tätigwerden des Staates aus Sicht des Bundeswirtschaftsministers gerechtfertigt oder notwendig erscheint. Drei Bereiche werden genannt: Förderung von Basisinnovationen in den Bereichen KI, digitale Plattformen und Batteriezellproduktion, Schutz wichtiger Schlüsselbereiche der deutschen Wirtschaft durch staatliche Beteiligungen und die Änderung von ökonomischen Rahmenbedingungen.

So wichtig die genannten Handlungsfelder im Einzelnen auch sind. Sie greifen zu kurz, um die Herausforderungen des gegenwärtigen Strukturwandels zu bewältigen. Denn: für die Sicherung der Industrie und ihrer Arbeitsplätze brauchen wir nicht nur einfach eine Renaissance der Industriepolitik. Benötigt wird auch ein neuer Zukunftsentwurf, der Ökonomie mit Digitalisierung, Sozialem und Ökologie zusammenführen kann. Die Gewerkschaften fordern eine Industriepolitik, die den gesetzten Klimazielen und einem sozial-ökologischen Wandel verpflichtet ist und der die Sicherung der Industrie mit zukunftsfähigen Arbeitsplätzen, der Stärkung Guter Arbeit und dem ökologischen Umbau der Wirtschaft verbindet. Leider stehen die von BM Altmaier vorgelegten Leitlinien nicht mit dem derzeit diskutierten Klimaschutzgesetz in Verbindung. Sie liefern auch keine Antworten auf den demographischen Wandel und die damit verbundene Frage nach der zukünftigen Fachkräftesicherung. Eine bessere Integration der von der Bundesregierung bearbeiteten Handlungsfelder wird deshalb vom DGB dringend empfohlen.

Bedeutung der Regionalpolitik aufgreifen

Industriepolitik muss zunehmend eine regionale Dimension berücksichtigen. Regionen und Branchen, die heute noch gut dastehen, könnten morgen schon von immensen Arbeitsplatzverlusten bedroht sein. Strukturelle Umbrüche müssen deshalb frühzeitig antizipiert und durch einen neuen integrierten Ansatz in der Industrie-, Dienstleistungs- und Strukturpolitik gestaltet werden. Insbesondere bei politisch forcierten Strukturveränderungen – wie etwa in der Energiepolitik – ist die Regierung gefordert, mit einer aktiven Wirtschaftspolitik die Zukunftsfähigkeit der betroffenen Regionen, der Branchen und ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen. Industriepolitische Instrumente in Form einer Innovationsförderung setzen bislang häufig einseitig bei der Förderung technischer Lösungen an und zu wenig bei den Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Beschäftigte. Beschäftigung muss aber gerade in den vom Strukturwandel betroffenen Branchen und Regionen, z.B. durch ein Transformationskurzarbeitergeld, gezielt gesichert werden. Die Förderung guter Arbeit ist in diesem Strukturwandel ein ebenso wichtiges Zukunftsthema wie die Stärkung der Tarifbindung.

Europäische Ebene einbeziehen

Viele der industriepolitischen Herausforderungen lassen sich auf der nationalen Ebene nicht lösen. Peter Altmaier hat daher mit seinen industriepolitischen Leitlinien einen Stein ins Rollen gebracht und betont, dass die zu erarbeitende Strategie in eine europäische Strategie integriert werden muss. Die von ihm geforderten Anpassungen zur stärkeren Berücksichtigung der globalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie im Wirtschafts- und Beihilferecht sind nur auf europäischer Ebene vorzunehmen. Um den Strukturwandel in der europäischen Industrie sozial und ökologisch zu gestalten, schlagen die Gewerkschaften bei der Förderung industrieller Aktivitäten das grundsätzliche Prinzip „Umbau statt Neubau“ vor. So kann die Beschäftigung an den bereits bestehenden europäischen Industriestandorten gesichert und ausgebaut werden. Mehr und Gute Industriearbeitsplätze sind Voraussetzung für die Überwindung der europäischen Wirtschaftskrise.

Konsultationsprozess zur Nationalen Industriestrategie

Wirtschaftsminister Altmaier hat in seiner Nationalen Industriestrategie 2030 angekündigt, seinen Entwurf in einem Dialog mit relevanten Akteuren aus Industrie, Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft, den Vertreterinnen und Vertretern der Fraktionen des Deutschen Bundestages und der Bundesländer zu erörtern und zu konkretisieren. Hierzu fand am 6. Mai 2019 eine Konferenz im Bundeswirtschaftsministerium mit über 70 Vertreter/inne/n statt. Im Anschluss an die Konsultation soll die überarbeitete Strategie innerhalb der Bundesregierung abgestimmt und vom Bundeskabinett als Regierungsstrategie beschlossen werden. Die Gewerkschaften waren an dieser Konsultation aktiv beteiligt. Sie werden darüber hinaus weitere Interventionspunkte suchen, um ihre Positionen in den Prozess der Strategieentwicklung einzubringen.

Um die Diskussion zur Nationalen Industriestrategie 2030 innerhalb der Gewerkschaften und mit der Politik zu führen, veranstaltet der DGB am 10. September 2019 eine Fachkonferenz „Nationale Industriestrategie 2030 - Wie viel Staat braucht der deutsche Industriestandort?“ in Berlin. Über die Details werden wir weiter informieren.

Thesenpapier zur Nationalen Industriestrategie 2030 (PDF, 296 kB)

Das folgende Thesenpapier fasst die aus Sicht der Gewerkschaften relevanten Themenstränge zur Debatte um die Nationale Industriestrategie 2030 von BM Peter Altmaier zusammen.


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