Warum arbeitet jemand, der hoch qualifiziert und gut ausgebildet ist, in einem Helfer-Job? Eine mögliche Antwort: Weil er oder sie aus einem Asylherherkunftsland stammt. Der durchschnittliche Verdienst von Geflüchteten mit Vollzeitstelle liegt bei gerade einmal 1.900 Euro, rund zwei Drittel von ihnen sind im Niedriglohnbereich tätig. Und das, obwohl in vielen Branchen Fachkräfte händeringend gesucht werden.
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Die mittleren Bruttomonatsverdienste von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Asylherkunftsländern sind um ca. 43 Prozent niedriger als die aller abhängig Beschäftigten in Vollzeit. Sie betragen ca. 1.900 Euro brutto im Monat. Das bedeutet: Bei einer 40-Woche liegt das Einkommen im Schnitt nur knapp über dem Mindestlohnniveau. Bei 67 Prozent dieser Beschäftigten liegen die Löhne sogar unter der Niedriglohnschwelle.
Der geringe Verdienst ergibt sich unter anderem aus dem niedrigen Anforderungsniveau der ausgeübten Tätikeiten. 47 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus Asylherkunftsländer arbeitet Helfer-Bereich; in der Gesamtbevölkerung sind es nur 15 Prozent. Ein Großteil ist außerdem in Branchen mit geringer Tarifbindung und generell niedrigen Löhnen im Einsatz: in der Leiharbeit, im Gastgewerbe, im Handel bzw. der Reparatur und Instandhaltung von KfZ sowie in sonstigen Dienstleistungsberufen.
Doch warum ist das so? An fehlender formaler Qualifikation liegt es nur bedingt: Eine repräsentative IAB-BAMF-SOEP Befragung hat ergeben, dass 81 Prozent derer, die eine Spezialisten- oder Expertenqualifikation haben, und 45 Prozent derer, die eine Fachqualifikation haben, nach eigener Einschätzung eine Beschäftigung unter Qualifikation ausführen.
Damit sich das ändert, müssen formelle und informelle Bildungs- und Beschäftigungserfahrungen besser anerkannt werden. Parallel dazu müssen Maßnahmen zur Qualifizierung und Weiterbildung auf alle potentiellen Fachkräfte ausgeweitet werden, unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Geflüchtete und andere Drittstaatsangehörige, die sich schon in Deutschland aufhalten, sind Teil des inländischen Fachkräftepotentials und sollten nicht unter ihren Potenzialen eingesetzt und bezahlt werden.
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„Migranten und Geflüchtete sind auf dem Arbeitsmarkt hohen Risiken ausgesetzt: Geringe Bezahlung, eine Beschäftigung unterhalb ihrer Qualifikation, immer wieder drohende Arbeitslosigkeit, Ausbeutung und Diskriminierung sind für sie Alltag. Sie verdienen in Vollzeit ungefähr 43 Prozent weniger als andere Beschäftigte. Und sogar um diese niedrigen Löhne werden sie teilweise noch betrogen.
Diese Situation wird vom Gesetzgeber – zum Beispiel mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz und dem so genannten ‚Geordnete-Rückkehr-Gesetz‘ – weiter angeheizt, statt die Lage mit Qualifizierung, Ausbildung und Anerkennung von formellen und informellen Qualifikationen zu entschärfen. Das Ziel sollte gute Arbeit für alle sein, keine Sackgassen in Beschäftigungsverbote, in Niedriglohn und Arbeitslosigkeit.
Gute Arbeit bedeutet: Schutz durch Tarifverträge und gesetzliche Standards – die Arbeitnehmerrechte müssen für alle gleichermaßen gelten. Denn je erpressbarer die Menschen durch die Situation am Arbeitsmarkt sind, desto höher ist das Missbrauchspotential. Kriminelle Arbeitgeber werden das ausnutzen für Lohn- und Sozialdumping.
Eine gut geregelte Einwanderung von Fachkräften ist im Übrigen auch im Interesse unserer Wirtschaft: Geflüchtete sind Teil des inländischen Fachkräftepotentials. Da schlummern Kompetenzen, die hier dringend gebraucht werden.
Viele Geflüchtete landen auf Dauer in gering entlohnten und niedrig qualifizierten Bereichen – mit allen Konsequenzen: Erwerbs- und Altersarmut und mangelnde soziale Teilhabe. Viele müssen auch aufstocken, um überhaupt über die Runden zu kommen. Das wirkt sich natürlich auch negativ auf Integration und sozialen Zusammenhalt aus.
Der DGB setzt sich für flächendeckende Beratungsangebote, effektivere Kontrollen und den Verzicht auf eine langfristige Bindung des Aufenthaltes in Deutschland an einem individuellen Arbeitgeber ein. Geflüchtete müssen in der Lage versetzt werden, sich vor Arbeitsausbeutung zu schützen.“
Die Beschäftigungsquoten von Geflüchteten steigen stetig. Inzwischen ist jeder dritte, der seit 2015 in Deutschland lebt, abhängig beschäftigt. Allerdings: Die durchschnittlichen Brottoeinkommen bei einem Vollzeitjob liegen deutlich unter denen anderer Beschäftigter. Das liegt auch daran, dass viele Geflüchtete als Helfer arbeiten - obwohl sie gut ausgebildet sind.