Deutscher Gewerkschaftsbund

15.03.2019
Magazin für Beamtinnen und Beamte 3/2019 - Interview

Berliner Finanzsenator: "Wir werden bis 2021 aufgeholt haben"

In zwei Jahren soll in Berlin die durchschnittliche Besoldungshöhe der Länder erreicht werden

Dr. Matthias Kollatz ist Senator für Finanzen des Landes Berlin. Mit dem Magazin für Beamtinnen und Beamte sprach er über Besoldungspolitik, die rote Laterne im Besoldungsvergleich und das Konkurrenzverhältnis zum Dienstherrn Bund.

Dr. Matthias Kollatz,  Senator für Finanzen des Landes Berlin

Berlins Finanzsenator Dr. Matthias Kollatz Foto: Anno Dittmer

Magazin: Viele Jahre war Berlin Schlusslicht im deutschlandweiten Besoldungsvergleich. War die Besoldung nach Kassenlage der falsche Weg?

Dr. Matthias Kollatz: Berlin war 2006 vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Antrag auf Bundeshilfen angesichts der katastrophalen Haushaltslage gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass Berlin erst belegen müsse, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, bevor andere wie der Bund einspringen würden. Zu den auszuschöpfenden Möglichkeiten gehörte auch die Besoldung. Heute – mit dem zeitlichen Abstand von 15 Jahren – fällt es leicht, die damaligen Entscheidungen zu bedauern und grundsätzlich anders einzuschätzen. Die damalige Haushaltslage erforderte zum Teil jedoch gravierende Einschnitte. Die heutige Situation Berlins ist erfreulicherweise eine andere. Berlin hat 2018 das siebte Jahr in Folge mit einem Finanzierungsüberschuss abgeschlossen. Als Verhandlungsführer der TdL hatte ich mich in den letzten Wochen für die Teilhabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der positiven Entwicklung der Bundesländer stark gemacht, auch wenn es geboten ist, neue Stellen zu finanzieren, den erheblichen Investitionsrückstau und die Schulden abzubauen. Es ist ein fairer Kompromiss erreicht worden. Das Ergebnis sieht signifikante lineare Erhöhungen mit 3,01 Prozent in 2019, 3,12 Prozent in 2020 sowie 1,29 Prozent für neun Monate im Jahr 2021 vor. Gleichzeitig sind Verbesserungen bei den wichtigen Strukturthemen gelungen, also bei Pflege, Sozial- und Erziehungsdiensten und IT. Mit der ungewöhnlich langen Laufzeit von 33 Monaten wurde Verlässlichkeit erreicht und der Raum geschaffen, die Strukturmaßnahmen abzubilden.

Eine Konsequenz der Sparpolitik sind die aktuell beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren zu Berliner Besoldungsregelungen. Muss sich jeder einzelne Berliner Beamte und jede einzelne Berliner Beamtin eine verfassungskonforme Besoldung auf dem Rechtsweg erstreiten?

Ja, es wird auch künftig erforderlich sein, einen Anspruch auf höhere Besoldung in dem entsprechenden Haushaltsjahr geltend zu machen. Dieser Anspruch kann auch für die Zukunft geltend gemacht werden. In diesen Fällen muss aber klar sein, dass die Besoldung ab dem entsprechenden Jahr gerügt wird und nicht nur für das betroffene Jahr. Der Senat hatte sich 2018 für ein Ruhen der Verfahren und für einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung hinsichtlich der Anträge, Widersprüche und Klageverfahren ausgesprochen, die auf amtsangemessene Besoldung gerichtet sind und bei denen die Verjährung auf der Ruhendstellung basiert.

Sie wollen bis 2021 zur durchschnittlichen Besoldungshöhe der Länder aufschließen. Wie wollen Sie das erreichen?

Bei den Angestellten haben wir das Durchschnittsniveau der Bundesländer bereits erreicht und gleichgezogen. Für die Beamtinnen und Beamten werden wir bis 2021 aufgeholt haben. Es gibt einen Fahrplan mit verbindlichen jährlichen Anpassungsschritten. Das Anpassungsdatum werden wir sukzessive nach vorne ziehen. 2019 wird es der 1. April sein, 2020 der 1. Februar und 2021 erfolgt die Besoldungsanpassung zum 1. Januar. Es ist üblich, den Tarifabschluss der Angestellten auf die Beamtinnen und Beamten zu übertragen. In Berlin legen wir dazu noch einmal 1,1 Prozent oben drauf. 

Berlin hat mit dem Bund einen harten Konkurrenten im Wettbewerb um den Nachwuchs. Was spricht für Berlin als Dienstherrn?

Wir haben oft die konkreteren Themen und unsere Stellen haben einen breiteren Zuschnitt als beim Bund. Wir sind gut bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und wir sind gut bei Homeoffice und Telearbeit. Darin wollen wir auch noch besser werden. Klar werden wir nicht mit dem Bund konkurrieren können, was die Bezahlung angeht. Aber bei den Themen schon. Viel öfter als man vielleicht erwarten würde, berichten uns Bewerberinnen und Bewerber, dass es sie reizt, für eine gute Sache konkret zu arbeiten. Wenn es uns gelingt, mit den Einstellungszusagen noch schneller zu werden – und wir sind dort schon deutlich besser geworden – ist mir nicht bange.


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