Zehntausende haben am Wochenende in Berlin gegen Wohnungsnot und explodierende Mieten protestiert. Der DGB fordert Bund, Länder und Kommunen zum Handeln auf: Mit mehr Neubauten, mehr sozialem Wohungsbau und einer deutlich verschärften Mietpreisbremse. Öffentlicher Baugrund darf nicht mehr zu Höchstpreisen und ohne Auflagen an private Investoren verkauft werden, so der DGB-klartext.
DGB/Felix Conrad
Es wird viel gebaut - doch um den tatsächlichen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum zu decken, müssten aus Sicht des DGB pro Jahr bundesweit 450.000 Wohnungen gebaut werden.
Rund 25.000 Menschen haben nach Angaben der Veranstalter vergangenen Samstag in Berlin unter dem Motto „Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“ demonstriert. Die große Zahl und das breite Spektrum der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigen: Explodierende Mietpreise und Wohnungsnot gehören derzeit zu den drängendsten sozialen Problemen.
Union und SPD haben im Koalitionsvertrag angekündigt, das Problem angehen zu wollen. Jetzt muss die Bundesregierung liefern. Das heißt zum einen: Es braucht deutlich mehr Wohnraum, der auch bezahlbar ist. Nach einer aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) fehlen in den deutschen Großstädten fast zwei Millionen bezahlbare Mietwohnungen. Allein in Berlin fehlen 310.000, in Hamburg 150.000.
Die gestiegene Neubautätigkeit reicht bisher nicht aus, um den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum zu decken. Aus Sicht des DGB müssten pro Jahr 450.000 Wohnungen gebaut werden. Nötig sind deutlich mehr Mittel für den öffentlichen Wohnungsbau und eine bessere Förderung des genossenschaftlichen Wohnens.
Viele Vermieter ignorieren die Mietpreisbremse und nehmen bei Neuvermietung weit höhere Mieten als erlaubt. DGB/Daten: Institut für soziale Stadtentwicklung
Auch sind die Mietpreise bei Neuvermietung im Vergleich zu den Bestandsmieten immer noch viel zu hoch. Selbst Gutverdiener zahlen heute in Ballungszentren einen gehörigen Teil ihres Einkommens nur für das Wohnen. Etwa vierzig Prozent der Haushalte in den Großstädten müssen mehr als dreißig Prozent ihres Nettoeinkommens für die Kaltmiete bezahlen, gut eine Million Haushalte sogar die Hälfte oder mehr. Dabei gilt eine Mietbelastungsquote von über dreißig Prozent des Haushaltseinkommens als zu hoch, da sonst nicht genug Geld für andere wesentliche Ausgaben übrig bleibt. Rund 1,3 Millionen Haushalte in den Großstädten haben nach Überweisung der Miete nur noch ein Einkommen, das unter den Hartz-IV-Regelsätzen liegt. Die exzessive Mietpreisentwicklung können auch die von den Gewerkschaften hart erkämpften Lohnsteigerungen auf Dauer nicht auffangen.
Marktbeobachter berichten zudem, dass die Kaufpreise für Berliner Wohnimmobilien nur von 2017 bis 2018 um über 20 Prozent gestiegen sind – das ist der weltweit stärkste Anstieg in Großstädten! Völlig überzogene Renditeerwartungen heizen die Immobilienspekulation an.
Rosige Aussichten für Investoren bedeuten für die Menschen in den Metropolen steigende Lebenshaltungskosten, Verdrängung und existenzielle Not. Die politisch Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen müssen endlich entschieden gegensteuern. Neben mehr Neubau und einer massiven Stärkung des sozialen Wohnungsbaus, bedeutet das auch: Bessere Regulierung! Unter anderem muss die Mietpreisbremse deutlich verschärft und besser durchgesetzt werden. Untersuchungen zeigen, dass viele Vermieter die Regel einfach ignorieren und bei Neuvermietung höhere Mieten nehmen, als erlaubt (siehe Grafik). Die Bemessungszeiträume der Mietspiegel müssen verlängert werden. Öffentlicher Baugrund darf nicht mehr nach Höchstpreisen und ohne Auflagen an private Investoren verkauft werden. Soziale Kriterien, die dem Gemeinwohl dienen, sind anzuwenden.