Deutscher Gewerkschaftsbund

19.09.2020
DGB und Deutscher Mieterbund

Bilanz zwei Jahre nach dem Wohngipfel: Ernüchternd

Am 21. September jährt sich der Wohngipfel der Bundesregierung zum zweiten Mal. Im Kanzleramt sollten damals "wichtige Schritte zur Entspannung auf den Wohnungsmärkten beschlossen werden". Beschlossen wurden seitdem tatsächlich gute Ansätze, zeigt eine Bilanz von DGB und Deutschem Mieterbund (DMB). Aber: Bei der konkreten Umsetzung verpufft die angekündigte Wohnraumoffensive. Der Wohnungsneubau stagniere, der soziale Wohnungsbau sei gescheitert - so das Resümee von DGB und DMB.

Sonnenschirm auf Balkon, Sonnenschein

Colourbox

"Auch zwei Jahre nach den Wohngipfel bleibt die Bundesregierung weit hinter den Zielen zurück, die sie sich selbst gesteckt hatte. Bezahlbarer Wohnraum ist gerade in Ballungsgebieten oft Mangelware und für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht bezahlbar", so DGB-Vorstand Stefan Körzell.

"Die Bilanz 'Zwei Jahre Wohngipfel' ist allenfalls durchwachsen", meint auch der Präsident des Deutschen Mieterbundes Lukas Siebenkotten. "Trotz der existentiellen Nöte vieler Mieterinnen und Mieter ist die versprochene Wohnraumoffensive bislang nur ein Lippenbekenntnis"

Durch Corona spitzt sich die Lage zu

"Durch die Pandemie droht sich die Lage sogar noch zuzuspitzen, da die Mieten weiter steigen und viele Menschen von Einkommenseinbußen betroffen sind. Es ist höchste Zeit, dass mehr Sozialwohnungen entstehen. Auch 2019 sind wieder mehr Wohnungen aus der Sozialbindung gefallen als neu gebaut wurden. Bund und Länder müssen kontinuierlich deutlich mehr Geld zur Verfügung stellen", so Körzell.

 

Einige Beispiele aus der Bilanz von DGB und Deutschem Mieterbund

  • Wohnungsneubau stagniert: Die Bundesregierung hat für diese Legislaturperiode den Neubau von 1,5 Millionen Wohnungen als Ziel ausgegeben. Statt der dafür benötigten 375.000 Wohnungen pro Jahr wurden 2018 aber nur 285.000 Wohnungen und 2019 rund 293.000 Wohnungen fertiggestellt.
  • Sozialer Wohnungsbau gescheitert: 2019 wurden lediglich 25.565 Sozialwohnungen gefördert, 5,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Bestand an Sozialwohnungen ist seit Jahren dramatisch rückläufig, von über 2 Millionen Wohnungen in 2006 auf derzeit nur noch 1,14 Millionen.
  • Mietentwicklung ungebremst: Die Mieten steigen in Deutschland ungebremst weiter, trotz Corona-Pandemie, Wirtschaftsabschwung und Kurzarbeit. Die Angebotsmieten stiegen im 1. Halbjahr 2020 in drei Viertel der Großstädte weiter. Der Wohngeld- und Mietenbericht der Bundesregierung hat zudem gezeigt, dass die individuelle Wohnkostenbelastung bei fast 30 % im bundesweiten Durchschnitt liegt, bei einkommensarmen Haushalten (<1300€) sogar bei fast 50 Prozent.
  • Bauüberhang und Baulandpreise explodieren:: Insgesamt liegt der Bauüberhang derzeit bei 740.400 Wohnungen. Die Zahl der genehmigten und noch nicht fertiggestellten Wohnungen erreichte im vergangenen Jahr den höchsten Stand seit 1998 (771.400). In den letzten zehn Jahren sind die Baulandpreise enorm gestiegen. In den sieben größten Städten haben sich zwischen 2010 und 2018 die Preise für Bauland um 175 Prozent erhöht.
Ein zentrales Hanldungsfeld: Günstiges Bauland

"Mit der Novelle des Baugesetzbuches sollte der Gesetzgeber den Kommunen auch ein preislimitiertes Vorkaufsrecht einräumen, damit sie Bauland zu Preisen unterhalb des Marktwertes erwerben und für den sozialen Wohnungsbau nutzen können", fordert DGB-Vorstand Stefan Körzell. "Nur so können die Kommunen wieder selbst zu gewichtigen Akteuren der Wohnungspolitik werden - politisch geboten ist dies allemal."

Das Vorkaufsrecht für Kommunen gehört auch für Lukas Siebenkotten zu den Themen, die dringend angegangen werden müssen: "Die offenen Punkte der Wohnraumoffensive, wie die dringend erforderliche Umwandlungsbeschränkung von Miet- in Eigentumswohnungen, die Erweiterung kommunaler Vorkaufsrechte sowie die Ausweitung von Baugeboten, müssen jetzt umgesetzt werden", so der Mieterbundspräsident. "Die Limitierung der Preisbindung im geförderten Wohnungsbau muss beendet werden, es muss heißen: Einmal gefördert – immer gebunden."


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DGB und DMB: Bilanz "Zwei Jahre Wohngipfel" (PDF, 61 kB)

Zwei Jahre Wohngipfel: Gute Ansätze, aber gemeinsame Wohnraumoffensive von Bund, Ländern und Kommunen verpufft


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